14.11.2024
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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil20.06.1991

Unerlaubtes Entfernen von Unfallort gefährdet den Versi­che­rungs­schutzKostspieliges Vergnügen: Unfall auf nächtlicher Disko-Heimfahrt

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort kann teuer werden. Dem Unfall­f­lüchtigen drohen nicht nur eine empfindliche Strafe und der Entzug der Fahrerlaubnis. Zusätzlich - und das wird häufig nicht bedacht - riskiert er auch seinen Versi­che­rungs­schutz.

Kurt F. (Name geändert) hatte bereits eine lange Diskotheken-Nacht hinter sich, als er sich gegen 6.30 Uhr von Erlangen auf den Heimweg nach Neumarkt machte. Schon kurze Zeit später geriet er auf der B 4 bei Tennenlohe von der Fahrbahn ab, streifte zuerst die Leitplanke und prallte schließlich gegen eine Hinweistafel. Zum Glück wurde er selbst nur leicht verletzt. Sein Auto allerdings hatte nur noch Schrottwert. Außerdem entstand an der Leitplanke und am Hinweisschild ein Schaden von rund 2.600 DM.

Statt nun an der Unfallstelle zu warten oder sich wenigstens unverzüglich bei der Polizei zu melden suchte Kurt F. - so schien es jedenfalls - das Weite. Er selbst stellte dies später freilich anders dar. Aufgrund einer Gehir­n­er­schüt­terung und eines Schocks sei er überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen, den Unfall anzuzeigen.

Den angeblichen Schockzustand nahmen ihm jedoch weder die Straf­ver­fol­gungs­be­hörden noch die eigene Versicherung ab.

Das Amtsgericht Erlangen verurteilte ihn deshalb wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 1.200 DM, zum Entzug der Fahrerlaubnis und zu einer Führer­sche­in­sperre von insgesamt 9 Monaten.

Seine Versicherung reagierte gleich doppelt: Als Vollkas­ko­ver­si­cherer lehnte sie es rundweg ab, für das total beschädigte Auto Ersatz zu leisten. Als Haftpflicht­ver­si­cherer kündigte sie wegen der 2.600 DM, die sie an die Autobahn­meisterei leisten musste, in Höhe von 1.000 DM einen Rückgriff beim Autofahrer an. Ihre Begründung: Kurt F. habe den Unfall wegen Übermüdung grob fahrlässig herbeigeführt. Außerdem habe er durch die Unfallflucht gegen seine Aufklä­rungs­pflicht verstoßen. Damit wollte sich Kurt F. nicht abfinden und erhob Klage gegen die Versicherung.

Seine Klage blieb jedoch in beiden Instanzen ohne Erfolg. Sowohl das Landgericht Nürnberg-Fürth als auch das Oberlan­des­gericht Nürnberg billigten die Versagung des Versi­che­rungs­schutzes.

Ebenso wie die Versicherung kreideten die Richter dem Kläger an dass er vorsätzlich gegen eine wichtige Obliegenheit verstoßen habe. Gemäß § 7 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraft­fahr­ver­si­cherung (AKB) müsse nämlich ein Versi­che­rungs­nehmer bei Eintritt des Versi­che­rungs­falles "alles tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann". Hierzu habe im konkreten Fall vor allem deshalb Anlass bestanden, weil sich nach der "durchgemachten" Nacht die Frage einer möglichen Übermüdung oder Alkoholisierung des Klägers gestellt habe.

Den Einwand des Autofahrers, er sei wegen eines Schocks und eines unfallbedingten Dämmerzustandes nicht voll zurech­nungsfähig gewesen und habe deshalb den Unfall nicht gleich melden können, ließen die Richter nicht gelten. Solche Ausfa­l­l­er­schei­nungen hatte der Landge­richtsarzt zwar grundsätzlich für möglich, unter den gegebenen Umständen aber für unwahr­scheinlich gehalten.

Durch seine Oblie­gen­heits­ver­letzung habe Kurt F. das berechtigte Aufklä­rungs­in­teresse der Versicherung ernsthaft gefährdet. Ob er sich dessen aktuell bewusst gewesen sei, spiele keine Rolle. Wer sich als Versi­che­rungs­nehmer wie im Falle der Unfallflucht über eine elementare, dem Aufklä­rungs­in­teresse aller Beteiligten dienende Verhaltensnorm hinwegsetze, verstoße zugleich vorsätzlich gegen seine versi­che­rungs­rechtliche Aufklä­rungs­pflicht. Das aber führe im Rahmen der Versi­che­rungs­be­din­gungen zur Leistungs­freiheit des Versicherers.

Für seinen total­be­schä­digten Pkw im Wert von 12.000 DM steht dem Kläger überhaupt kein Ersatzanspruch zu. An dem bereits regulierten Fremdschaden muss er sich mit 1.000 DM beteiligen. Hinzu kommen noch mehrere 1.000 DM Gerichts- und Anwaltskosten. Ganz zu schweigen von der Geldstrafe im Strafprozess und den finanziellen Auswirkungen des Führer­schein­ver­lustes. Alles in allem erwies sich somit der nächtliche Abstecher in die Diskothek im Nachhinein als wahrlich kostspieliges Vergnügen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Nürnberg

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