18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 34124

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Urteil18.06.2024Oberlandesgericht Nürnberg6 U 2481/22
Vorinstanz:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil18.08.2022, 14 O 6102/21
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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil18.06.2024

Fensterstreit: Eigentümer kann keine verschlossenen und blickdichten Nachbarfenster verlangenAusübung des Fensterrechts unzulässig

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat die Klage eines Nachbarn auf Durchsetzung des „Fensterrechts“ abgewiesen. In erster Instanz hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth den vom Kläger gegen die Grund­s­tücks­nachbarn geltend gemachten Anspruch, die auf der Grund­s­tücks­grenze befindlichen Fenster großflächig blickdicht zu gestalten und geschlossen zu halten, zuerkannt. Das OLG hat nun die Entscheidung abgeändert.

Der Kläger verlangte unter Berufung auf die bayerischen Nachbar­rechts­vor­schriften von den beklagten Nachbarn die zu seinem Grundstück zugewandten Wohnraumfenster so umzubauen, dass ein Öffnen und ein Durchblicken bis zur Höhe von 1,80 m über dem Boden nicht möglich sind. Er ist Eigentümer eines im Jahr 2017 errichteten Einfa­mi­li­en­hauses, die Beklagten wohnen seit 2019 auf dem Nachba­r­grundstück. Beide Grundstücke waren zunächst Teil eines größeren Grundstücks. Infolge der Grund­s­tücks­teilung im Jahr 2000 wurde das Wohnhaus, in dem die Beklagten wohnen, zu einem Grenzbau. Die Wohnung der Beklagten hat mehrere Fenster sowie eine Balkon­fens­tertür, deren Abstand zur Grundstücksgrenze des Klägers weniger als 60 Zentimeter beträgt.

Kein Anspruch auf blickdichte Fenster bei Gefährdung der Licht- und Luftzufuhr

Das OLG sah die auf das „Fensterrecht“ gestützten Anspruchs­vor­aus­set­zungen zwar grundsätzlich als gegeben, erachtete die Durchsetzung des Anspruchs im konkreten Einzelfall in der Gesamtwürdigung aber als unbillige Härte. Der Senat hatte sich in einem Ortstermin ein eigenes Bild von den konkreten Wohnver­hält­nissen gemacht und die streit­ge­gen­ständ­lichen Fenster, insbesondere die etwaig zu verschattenden Fensterflächen, die Licht­ver­hältnisse in sämtlichen betroffenen Räumen und die Fluchtwege der Wohnung in Augenschein genommen. Unter Berück­sich­tigung der baulichen Gegebenheiten der Wohnung und in Abwägung der jeweiligen Interessen beider Seiten kam das OLG zu dem Ergebnis, dass dem Kläger ein Berufen auf das nachbar­rechtliche „Fensterrecht“ im konkreten Einzelfall verwehrt ist. Maßgeblich war aus Sicht des Gerichts zum einen, dass bis zu 80 % der Fensterflächen von der blickdichten Gestaltung betroffen wären und eine ausreichende Licht- und Luftzufuhr der Wohnung bei Durchsetzung des Anspruchs nicht mehr gewährleistet wäre. Zum anderen hat das Gericht berücksichtigt, dass bei einem dauerhaften Verschließen der Balkontür auch der notwendige zweite Fluchtweg nicht mehr gegeben wäre. In Gesamt­be­trachtung der konkreten Umstände erachtete das Gericht die Ausübung des Fensterrechts daher als unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht zugelassen.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (pm/ab)

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