14.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 25368

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Hinweisverfügung04.09.2017Oberlandesgericht Nürnberg4 U 1178/17
Vorinstanz:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil26.04.2017, 2 O 5797/16
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisverfügung04.09.2017

Oberlan­des­gericht Nürnberg zu den Voraussetzungen eines still­schwei­genden Haftungs­aus­schlusses und des Handelns auf eigene GefahrHaftungs­aus­schluss kommt unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nicht in Betracht

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat entschieden, dass für die Annahme eines still­schwei­genden Haftungs­aus­schlusses hohe Anforderungen gelten, insbesondere kann ein solcher nicht angenommen werden, wenn der Schädiger eine Haft­pflicht­versicherung hat. Derjenige, der sich bewusst oder fahrlässig Gefahren aussetzt, willigt zwar nicht in die Schädigung ein, kann aber wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, seinen Schaden ganz oder zum Teil selbst zu tragen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist die Krankenkasse des Geschädigten und verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall: Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam das Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Plastiktank, aus welchem sodann Benzin tropfte. Nach einiger Zeit übernahm der Beklagte den Akku-Schrauber, da er aus seiner Position besser an den Tank heran kam. Der Geschädigte hielt ein Auffang­be­hältnis unter das Loch; es lief dabei Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Bei den Bohrarbeiten durch den Beklagten bildeten sich Funken, wodurch es zu einer Verpuffung und zu einer Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte fing dadurch Feuer und erlitt erhebliche Verletzungen, u. a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.

Krankenkasse verlangt Behand­lungs­kosten erstattet

Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 9.984,72 Euro und herhob entsprechende Klage. Bei dem genannten Betrag handelt es sich um Behand­lungs­kosten, welche die Klägerin als Krankenkasse des Geschädigten aufwenden musste. Bereits in der Klage ging die Klägerin davon aus, dass der Geschädigte ein Mitverschulden von 50 % trage.

Landgericht gibt Klage statt

Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab der Klage statt. Der Beklagte habe durch sein Verhalten, nämlich das Bohren, die Verletzungen des Geschädigten verursacht. Er habe auch fahrlässig gehandelt, da ihm die Gefährlichkeit seines Handelns bewusst hätte sein müssen. Der Haftung stehe weder der Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr noch ein still­schwei­gender Haftungsausschluss entgegen.

OLG verneint still­schwei­genden Haftungs­aus­schluss

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlan­des­gericht Nürnberg ein. Diese wurde durch das Oberlan­des­gericht Nürnberg jedoch zurückgewiesen. Das Gericht teilte die Auffassung des Landgerichts, wonach kein still­schwei­gender Haftungs­aus­schluss gegeben sei. Ein solcher sei nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorlägen. Regelmäßig sei dann nicht von einem Haftungs­verzicht auszugehen, wenn der Schädiger - wie hier der Beklagte - über eine Haftpflichtversicherung verfüge. Es entspreche nicht dem Willen der Beteiligten, nicht den Schädiger, sondern die Haftpflicht­ver­si­cherung zu entlasten. Auch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr kommt nach Ansicht des Gerichts ein Haftungs­aus­schluss nicht in Betracht. Die Tatsache, dass der Geschädigte möglicherweise die später verwirklichten Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen sei, stelle keine stillschweigende Einwilligung in die erlittenen Verletzungen dar. Der Geschädigte könne jedoch wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Die vom Landgericht angenommene Haftungsquote von 50 % hält das Oberlan­des­gericht für zutreffend, da die Verur­sa­chungs­beiträge des Beklagten und des Geschädigten als gleichwertig anzusehen seien.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online

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