18.10.2024
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Dokument-Nr. 2984

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Urteil15.06.1994Oberlandesgericht Nürnberg12 U 1053/94
Vorinstanz:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil, 5 O 1011/93
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Nürnberg Urteil15.06.1994

Überbuchtes Hotel - Minderung des Reisepreises wegen schwerwiegender ReisemängelEntschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

Kann ein Reise­ver­an­stalter am Urlaubsort die gebuchte Unterkunft nicht zur Verfügung stellen, weil das Hotel überbucht ist, so hat der Kunde wegen der damit verbundenen Unannehm­lich­keiten Anspruch auf eine angemessene Minderung des Reisepreises. Außerdem steht ihm Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu. Die Summe beider Ansprüche kann durchaus den ursprünglich gezahlten Reisepreis übersteigen. Mit dieser Begründung sprach das Oberlan­des­gericht Nürnberg einem Urlauber eine Entschädigung in Höhe von 5.100 DM zu. Das sind fast 1.000 DM mehr, als der Kunde für die zweiwöchige Pauschalreise seiner Familie bezahlt hatte.

Der Kläger hatte bei einem Nürnberger Reise­ver­an­stalter für sich, seine Frau und seine beiden Kinder eine zweiwöchige Urlaubsreise in seine Heimat am Mittelmeer gebucht. Der Gesamtpreis einschließlich Flug und Halbpension betrug 4.170 DM. In der direkt am Strand gelegenen Hotelanlage erwartete ihn ein 90 m² großes Appartement mit Wohnzimmer, Balkon, zwei Schlafzimmern, Küche, Bad und Klimaanlage. So dachte er wenigstens.

Um so größer war die Enttäuschung, als sich bei der Ankunft herausstellte, das sein Hotel bereits ausgebucht war. Die örtliche Reiseleitung konnte ihm mitten in der Hochsaison keine gleichwertige Ersat­zun­terkunft besorgen. Die erste Nacht verbrachte die Familie in einer spärlich eingerichteten Privatwohnung, nahe einer Baustelle. Die nächsten Tage war sie in zwei Zimmern eines Hotel-Neubaus untergebracht, der 1,5 km vom Strand entfernt und noch nicht einmal fertiggestellt war. Die Wohnfläche der beiden Zimmer betrug nach Schätzung des Klägers zusam­men­ge­rechnet knapp 30 m². Der Hotel-Standard war deutlich niedriger als im gebuchten Hotel, der übliche Service fehlte fast völlig, eine Klimaanlage war nicht vorhanden. Statt dessen waren die Gäste lästigem Baulärm ausgesetzt. Zu den Mahlzeiten mußte sich die Familie in das 1,5 km entfernte Haupthaus dieses Hotels begeben. Dieses lag aber wenigstens am Strand. Auf Drängen des Klägers wurde ihm dort nach einigen Tagen ein Zimmer zur Verfügung gestellt, das aber ebenfalls nur etwa ein Drittel so groß war wie das gebuchte Appartement. Hierfür mußte der Kläger sogar noch einen Aufpreis von 270 DM berappen.

Wegen unzureichender Reiseleistungen und vertaner Urlaubszeit verlangte der Kläger nach seiner Rückkehr vom Reise­ver­an­stalter insgesamt 6.628 DM. Der Veranstalter wollte allenfalls über 2.652 DM mit sich reden lassen. Da keine Einigung zustandekam, zog der Urlauber vor Gericht.

Das Landgericht Nürnberg - Fürth gab der Klage überwiegend statt. Es verurteilte das Reise­un­ter­nehmen, dem Kunden insgesamt 5.100 DM zu erstatten.

Hiervon entfielen 3.600 DM auf die Minderung des Reisepreises. Diesen Betrag errechnete das Gericht wie folgt: Für die Unterbringung in dem Privathaus und in dem strandfernen Hotel setzte es einen Abzug von 80 % des anteiligen Reisepreises an. Für die Zeit ab dem Umzug in das strandnahe Hotelzimmer kürzte es den anteiligen Reisepreis auf 60 %. Für die beiden Umzugs-Tage vom Privathaus in das strandferne Hotel und von dort in das strandnahe Hotel strich es den anteiligen Reisepreis völlig. Außerdem schrieb es dem Kunden die 270 DM gut, die er als Aufpreis für den Umzug ins Strandhotel zahlen mußte.

Zusätzlich sprach das Gericht dem Urlauber-Ehepaar 1.500 DM wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu. Damit sollten die Eheleute einen finanziellen Ausgleich dafür erhalten, daß der erhoffte Erholungswert ihrer Reise durch schwerwiegende Mängel beeinträchtigt war.

Mit diesem Urteil wollte sich der Reise­ver­an­stalter nicht abfinden. Er legte deshalb Berufung ein.

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg bestätigte jedoch die erstin­sta­nzliche Entscheidung in vollem Umfang. In der Urteils­be­gründung machten die OLG-Richter dem Reise­ver­an­stalter in aller Deutlichkeit klar, daß auch nach ihrer Ansicht "die Reiseleistung ganz erhebliche Mängel aufwies. Nicht nur, daß der Kläger und seine Familie hintereinander in drei verschiedenen Quartieren wohnen und deshalb auch zweimal umziehen mußten, entsprach keines der während der gesamten Reise zur Verfügung gestellten Zimmer bzw. Appartements auch nur annähernd der gebuchten Unterkunft. Der Kläger mußte zeitweise auf engem Raum in einem Zimmer mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern wohnen. Dazu kamen die zahlreichen weiteren vom Landgericht festgestellten Unannehm­lich­keiten, mit denen der Kläger und seine Familie in dem gebuchten Appartement nicht konfrontiert worden wären. Das angefochtene Urteil muß deshalb aufrecht­er­halten bleiben."

Quelle: ra-online, OLG Nürnberg

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