Die Klägerin war in einer Scheidungssache dazu verurteilt worden, ihrem Ehemann Auskunft über den erzielten Zugewinn während der Ehezeit durch Vorlage eines Bestandverzeichnisses über ihr Aktivvermögen und ihre Schulden unter Angabe des Wertes der angegebenen Vermögensgegenstände und Schuldposten zu erteilen. Ferner sollte sie die "für die Bewertung erforderlichen Unterlagen" vorlegen. Die Klägerin erteilte danach Auskunft, bezeichnete diese aber als vorläufig, weil ihre Schulden wahrscheinlich noch höher seien.
Das Familiengericht erteilte ihr danach die Auflage, ihre Auskunft "mit den erforderlichen Belegen zu untermauern". Als sie dieser Auflage nicht nachkam, verhängte das Familiengericht ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 DM gegen sie, ersatzweise 20 Tage Haft. Als sie der Auflage weiter nicht nachkam, wurde sie auf Antrag ihres Ehemanns in Zwangshaft genommen, aus der sie nach drei Tagen gegen Zahlung von 16.000 DM Zwangsgeld entlassen wurde.
Diese Zwangshaft war rechtswidrig. Die Amtspflichtverletzung der mit dem Haftbefehl befassten Richter führt zu einem Schmerzensgeldanspruch der Klägerin. Das Oberlandesgericht München führte dazu aus, dass die Beugehaft schon mangels ausreichenden vollstreckbaren Titels rechtswidrig war.
Denn die Klägerin hatte bereits Auskunft über ihr Vermögen erteilt. Die Auflage, die erteilte Auskunft "mit den erforderlichen Belegen" zu untermauern, bezieht sich auf keinen vollstreckungsfähigen Inhalt des Urteils des Familienrechtsstreits. Denn um welche Unterlagen es sich dabei handeln sollte, wurde in dem Urteilstenor nicht ausgeführt, so dass der Titel mangels Konkretisierung der vorzulegenden Unterlagen diesbezüglich nicht vollstreckbar war.
Die Klägerin durfte deshalb nicht mit einem Zwangsgeld oder Zwangshaft zu dieser Handlung angehalten werden. Die Zwangsvollstreckung war von vornherein unzulässig. Das Verhalten der mit dem Haftbefehl befassten Richter war schuldhaft, da sie bei sorgfältiger Prüfung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung hätten erkennen können, dass nicht weiter hätte vollstreckt werden dürfen.
Zwar bestimmt das Amtshaftungsrecht in § 839 Absatz 1 Satz 2 BGB, dass bei Fahrlässigkeit des handelnden Beamten dieser nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz verlangen kann. Ein solcher anderweitiger Ersatzanspruch war vorliegend aber nicht ersichtlich. So konnte insbesondere nicht der Ehemann in Anspruch genommen werden, der lediglich gutgläubig seine Rechte in einem staatlich geregelten Rechtspflegeverfahren wahrgenommen hat.
Bei rechtmäßigem Verhalten der Richter hätte der Haftbefehl weder erlassen noch vollzogen werden können, so dass sich die Klägerin zu Unrecht drei Tage lang in Zwangshaft befand. Für diese Freiheitsentziehung hielt das Oberlandesgericht ein Schmerzensgeld von 1.500 DM für angemessen und ausreichend. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Gericht, dass die Klägerin während ihrer haftbedingten Abwesenheit keine ausreichende Versorgung für ihre minderjährigen Kinder sicherstellen konnte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.06.2016
Quelle: NJW-RR 1994,724, ra-online, Pressemitteilung (zt/we)