21.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil01.08.2014

Journalist muss Tonbänder der Interviews mit Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl herausgebenAls Hersteller und Eigentümer der zwecks Erstellung einer Biographie aufgezeichneten Gespräche ist Helmut Kohl anzusehen

Das Oberlan­des­gericht Köln hat entschieden, dass ein Journalist Tonband­auf­nahmen mit Gesprächen, die er zur Erstellung einer Biographie mit dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl geführt hat, nach Beendigung der Arbeit an diesen herausgeben muss. Nach Auffassung des Gerichts habe Helmut Kohl durch die Aufzeichnung seiner Stimme das Eigentum an den Tonbändern erlangt. Somit sei er auch als Hersteller und damit Eigentümer der Bänder anzusehen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der beklagte Journalist Dr. Heribert Schwan sollte als "Ghostwriter" die Biographie des Klägers, des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl verfassen. Zu diesem Zweck führte er umfangreiche Gespräche mit dem Kläger, die auf Tonband aufgezeichnet wurden. Nachdem der Kläger die Zusammenarbeit mit dem Beklagten beendet hatte, verlangt er die Herausgabe der besprochenen Tonbänder.

LG bejaht Pflicht zur Herausgabe der Tonbänder

Das Landgericht Köln gab der Klage statt und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass nach Beendigung des Auftrags­ver­hält­nisses über die Aufzeichnung der Lebens­e­r­in­ne­rungen des Klägers der Beklagte verpflichtet sei, alles, was er zur Ausführung des Auftrages erhalten und erlangt habe, an den Kläger herauszugeben. Dazu gehörten auch die Tonbänder. Nach diesem Urteil hat der Beklagte zur Vermeidung der Zwangs­voll­streckung 200 Tonbänder an den Gerichts­voll­zieher herausgegeben.

OLG weist Berufung des Journalisten zurück

Die Berufung des Beklagten hat das Oberlan­des­gericht Köln zurückgewiesen. Dabei hat es offengelassen, ob die Begründung des Landgerichts zutreffe. Zwar spreche viel dafür, dass aus dem Vertragswerk ein Herausgabeanspruch folge; es wäre allerdings zu prüfen, ob ein solcher Anspruch unmittelbar dem Kläger oder nicht zunächst dem Verlag als dem direkten Vertragspartner des Beklagten zustünde.

Kläger hat durch Aufzeichnung seiner Stimme Eigentum an Tonbändern erlangt

Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Herausgabe der Tonbänder, weil er durch die Aufzeichnung seiner Stimme Eigentum an den Tonbändern erlangt habe. Nach § 950 BGB erwerbe derjenige, der durch Verarbeitung eine neue bewegliche Sache herstelle, das Eigentum daran, sofern nicht der Wert der Verarbeitung erheblich geringer sei als der Wert des verarbeiteten Stoffes. Als Verarbeitung gelte dabei u.a. auch das Schreiben oder Malen. Dem seien die Tonband­auf­nahmen vergleichbar. Nach der maßgeblichen Verkehr­s­auf­fassung werde jedenfalls dann eine „neue Sache“ hergestellt, wenn die Aufzeichnungen für eine längerfristige Nutzung bestimmt seien.

Gesprächs­auf­zeich­nungen zur Erstellung einer Biographie nicht mit Interview zum Zweck der Berich­t­er­stattung vergleichbar

Als Hersteller der Tonband­auf­zeich­nungen sei der Kläger anzusehen. Maßgeblich für die Bestimmung der Person des Herstellers sei, in wessen Namen und wirtschaft­lichem Interesse die Herstellung erfolgt sei. Dies sei der Kläger, da die Tonband­auf­zeich­nungen nach den in der Berufungs­instanz nicht beanstandeten Feststellungen des Landgerichts allein als Materi­a­l­sammlung für die Vorbereitung des Manuskripts seiner Memoiren gedient hätten. Aus dem zwischen den Parteien und dem Verlag geschlossenen Vertragswerk folge, dass die Entschei­dungs­be­fugnis über den Inhalt der Aufzeichnungen und ihre Verwendung letztlich allein beim Kläger liegen sollte. Die Situation sei daher nicht mit einem Interview vergleichbar, das ein Journalist zum Zwecke der Berich­t­er­stattung zu einem tagesaktuellen Geschehen führe. Auch die vertraglichen Vereinbarungen zu den Urheberrechten, nach denen diese so weit wie möglich dem Kläger zugeordnet werden sollten, sowie das jederzeitige Kündigungsrecht des Klägers sprächen dafür, diesen als Hersteller der Tonbänder anzusehen.

Angebliche Zusage des Klägers zur Veröf­fent­lichung der Tonbänder nach dem Tod des Klägers nicht relevant

Ein Recht zum Besitz stehe dem Beklagten nicht zu. Insbesondere könne er sich nicht auf eine – angebliche – Zusage des Klägers, er dürfe die Tonbänder nach dem Tod des Klägers veröffentlichen, berufen. Sollte es seine solche Zusage gegeben haben, wäre ihr mit der vorzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien die Grundlage entzogen worden. Der Kläger sei berechtigt gewesen, jederzeit und ohne Angaben von Gründen die Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu beenden. Dies zeige, dass Grundlage der Zusammenarbeit allein das Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten gewesen sei. Sei das Vertrauen des Klägers in den Beklagten entfallen, sei auch die Grundlage für eine etwaige Zusage entfallen. Diese habe daher dem Beklagten keine über die seinerzeit geschlossenen Verträge hinausgehenden Rechte verschaffen können.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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