15.11.2024
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Dokument-Nr. 857

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Oberlandesgericht Köln Urteil13.01.2004

Kein außer­or­dent­liches Kündigungsrecht für einen Rechtsanwalt, wenn die Staats­an­walt­schaft Mieträume im selben Gebäude bezieht

Ein Rechtsanwalt kann den Mietvertrag für seine Kanzleiräume nicht aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Vermieter andere Räume im selben Objekt an die Staats­an­walt­schaft vermietet.

Der beklagte Aachener Rechtsanwalt hatte 1998 von der Klägerin Büroräume im 4. OG eines Gebäudes in der Nähe des dortigen Landgerichts angemietet. Der Vertrag läuft noch bis Ende 2004. Im November 2002 erklärte der Beklagte die außer­or­dentliche Kündigung des Mietvertrages, weil die Klägerin Räume im 1. OG des Gebäudes an die Staats­an­walt­schaft vermietet habe und die Führung seiner Anwaltskanzlei dadurch erheblich beeinträchtigt werde. Er bezog neue Räume, in denen er seither eine von ihm gegründete Sozietät mit mehreren Anwälten betreibt. Im Januar 2003 zog die Wirtschafts­ab­teilung der Staats­an­walt­schaft Aachen in das 1. OG ein. Der in erster Instanz erfolglosen Klage der Vermieterin auf Zahlung rückständiger Mieten sowie auf Feststellung der Fortdauer des Mietver­hält­nisses bis zum vertraglich vorgesehenen Ablauf hat das OLG Köln als Berufungs­gericht antragsgemäß stattgegeben:

Der Beklagte habe kein Recht zur außer­or­dent­lichen Kündigung des Mietvertrages aus wichtigem Grunde gehabt. Dass die Klägerin Büroräume im selben Gebäude an die Staats­an­walt­schaft vermietet habe stelle keinen Sachmangel der vom Beklagten angemieteten Kanzleiräume dar und führe auch nicht zur Unzumutbarkeit der weiteren Fortsetzung des Mietver­hält­nisses. Weder gebe es eine allgemeine „Unver­träg­lichkeit“ zwischen der Staats­an­walt­schaft und einem Rechtsanwalt als Mietparteien im selben Gebäude – beide seien Organe der Rechtspflege – noch habe diese Tatsache konkret unzumutbare Auswirkungen auf die vertragliche Nutzung der Büroräume als Anwaltskanzlei. Die Unterstellung, gegenwärtige oder potentielle Mandanten des Beklagten könnten meinen, ihr Anwalt lasse sich in seiner Arbeit davon beeinflussen, dass unter demselben Dach auch Teile der Staats­an­walt­schaft untergebracht seien, habe keine tatsächliche Grundlage. Es sei schon kein allgemeiner Erfahrungssatz ersichtlich, dass Mandanten abgehalten werden, einen Anwalt zu kontaktieren, der seine Kanzlei im selben Gebäude habe wie eine Abteilung der Staats­an­walt­schaft. Jedenfalls würde er nicht für den Beklagten gelten, dessen Tätig­keits­schwerpunkt so stark zivilrechtlich ausgerichtet sei, dass bereits deshalb seine Mandantschaft keinen Anlass habe, Anstoß an der Anwesenheit der Staats­an­walt­schaft im selben Haus zu nehmen.

Die Revision zum Bundes­ge­richtshof ist nicht zugelassen worden.

Quelle: Pressemeldung des OLG Köln vom 23.01.2004

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