Dokument-Nr. 15706
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- MMR 2012, 197Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 197
Oberlandesgericht Köln Beschluss22.11.2011
Herabsetzende auf Presseartikel beruhende Äußerungen in einem Internetforum sind zulässigKeine Verpflichtung des Einzelnen Tatsachenbehauptungen auf ihre Wahrheit zu überprüfen / Laienprivileg eines Forenbetreibers
Die Äußerung von herabsetzenden Tatsachen in einem Internetforum, die unter Umständen nicht der Wahrheit entsprechen, aber auf Presseartikel beruhen, sind zulässig. Der Einzelne trifft nicht die Verpflichtung die Tatsachenbehauptung auf ihre Wahrheit zu überprüfen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall veröffentlichte ein Forenbetreiber auf seinem Internetforum einen Artikel über ein privates Bauvorhaben. In dem Artikel äußerte er sich herabsetzend über ein am Bauvorhaben beteiligtes Unternehmen. Grundlage seiner Äußerungen war der Pressebericht einer Zeitung. Die in dem Bericht enthaltenen Behauptungen haben sich jedoch als unwahr herausgestellt und obwohl der Forenbetreiber davon wusste, hatte er die unwahren Behauptungen in seinem Forenartikel verbreitet. Das Unternehmen sah darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und klagte auf Unterlassung.
Anspruch auf Unterlassung bestand
Das Oberlandesgericht Köln entschied zu Gunsten des Unternehmens. Ihm habe ein Anspruch auf Unterlassung zugestanden. Denn der Forenartikel habe angesichts der enthaltenen unwahren Tatsachenbehauptungen das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens verletzt.
Äußerung unwahrer Tatsachen unterfällt nicht Schutz der freien Meinungsäußerung
Die Verbreitung unwahrer Tatsachen unterfalle regelmäßig nicht dem Schutz der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG), so das Oberlandesgericht weiter. Denn grundsätzlich trete das Recht auf freie Meinungsäußerung zurück, wenn es zu unwahren, ehrenrührigen oder rufschädigenden Äußerungen kommt. Dennoch sei zu beachten, dass die Unwahrheit zum Zeitpunkt der Äußerung zu meist ungewiss ist und sich später erst, etwa durch ein Gerichtsverfahren, herausstellt. Um aber zu vermeiden, dass vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung angesichts der nachträglichen Sanktionsgefahr nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werde, ist nicht jede Äußerung einer nachträglich erkannten Unwahrheit unzulässig. Vielmehr komme es darauf an, ob der sich Äußernde Belege für seine Tatsachenbehauptung anbringen kann. Erst wenn ihm dies nicht möglich ist, werde die Behauptung wie eine unwahre angesehen.
Keine übersteigerten Anforderungen an Darlegungspflicht
Die Anforderungen an der Darlegungspflicht seien aus Sicht des Gerichts hingegen nicht zu überspannen. Zwar müsse die Presse besondere Sorgfaltspflichten bei der Verbreitung von nachteiligen Tatsachen walten lassen. Von einem Einzelnen könne eine solche Sorgfalt jedoch nicht verlangt werden. Denn ihm werde es in der Regel nicht möglich sein bei Vorgängen aus dem nicht transparenten Politik- und Wirtschaftsbereich Belege oder gar Beweise aufgrund eigener Nachforschung anzubringen. Daher könne der Einzelne auf die Berichterstattung durch die Medien zurückgreifen und daraus verallgemeinernde Schlussfolgerung ziehen (sog. "Laienprivileg"). Nur so könne verhindert werden, dass es zu keiner Lähmung der individuellen Meinungsfreiheit und des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses kommt.
Berufen auf Laienprivileg bei überholter Berichterstattung nicht möglich
Der Einzelne könne sich jedoch dann nicht auf sein "Laienprivileg" berufen, so die Richter weiter, wenn die Berichterstattung erkennbar überholt, widerrufen ist oder der sich Äußernden von der Unwahrheit weiß. So habe der Fall hier gelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.04.2013
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)
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