18.10.2024
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Dokument-Nr. 15706

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Beschluss22.11.2011Oberlandesgericht Köln15 U 91/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2012, 197Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 197
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Beschluss22.11.2011

Herabsetzende auf Presseartikel beruhende Äußerungen in einem Internetforum sind zulässigKeine Verpflichtung des Einzelnen Tatsa­chen­be­haup­tungen auf ihre Wahrheit zu überprüfen / Laienprivileg eines Forenbetreibers

Die Äußerung von herabsetzenden Tatsachen in einem Internetforum, die unter Umständen nicht der Wahrheit entsprechen, aber auf Presseartikel beruhen, sind zulässig. Der Einzelne trifft nicht die Verpflichtung die Tatsa­chen­be­hauptung auf ihre Wahrheit zu überprüfen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall veröffentlichte ein Forenbetreiber auf seinem Internetforum einen Artikel über ein privates Bauvorhaben. In dem Artikel äußerte er sich herabsetzend über ein am Bauvorhaben beteiligtes Unternehmen. Grundlage seiner Äußerungen war der Pressebericht einer Zeitung. Die in dem Bericht enthaltenen Behauptungen haben sich jedoch als unwahr herausgestellt und obwohl der Forenbetreiber davon wusste, hatte er die unwahren Behauptungen in seinem Forenartikel verbreitet. Das Unternehmen sah darin eine Verletzung seines Persön­lich­keits­rechts und klagte auf Unterlassung.

Anspruch auf Unterlassung bestand

Das Oberlan­des­gericht Köln entschied zu Gunsten des Unternehmens. Ihm habe ein Anspruch auf Unterlassung zugestanden. Denn der Forenartikel habe angesichts der enthaltenen unwahren Tatsa­chen­be­haup­tungen das Persön­lich­keitsrecht des Unternehmens verletzt.

Äußerung unwahrer Tatsachen unterfällt nicht Schutz der freien Meinung­s­äu­ßerung

Die Verbreitung unwahrer Tatsachen unterfalle regelmäßig nicht dem Schutz der freien Meinung­s­äu­ßerung (Art. 5 Abs. 1 GG), so das Oberlan­des­gericht weiter. Denn grundsätzlich trete das Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung zurück, wenn es zu unwahren, ehrenrührigen oder rufschädigenden Äußerungen kommt. Dennoch sei zu beachten, dass die Unwahrheit zum Zeitpunkt der Äußerung zu meist ungewiss ist und sich später erst, etwa durch ein Gerichts­ver­fahren, herausstellt. Um aber zu vermeiden, dass vom Grundrecht der freien Meinung­s­äu­ßerung angesichts der nachträglichen Sanktionsgefahr nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werde, ist nicht jede Äußerung einer nachträglich erkannten Unwahrheit unzulässig. Vielmehr komme es darauf an, ob der sich Äußernde Belege für seine Tatsa­chen­be­hauptung anbringen kann. Erst wenn ihm dies nicht möglich ist, werde die Behauptung wie eine unwahre angesehen.

Keine übersteigerten Anforderungen an Darle­gungs­pflicht

Die Anforderungen an der Darle­gungs­pflicht seien aus Sicht des Gerichts hingegen nicht zu überspannen. Zwar müsse die Presse besondere Sorgfalts­pflichten bei der Verbreitung von nachteiligen Tatsachen walten lassen. Von einem Einzelnen könne eine solche Sorgfalt jedoch nicht verlangt werden. Denn ihm werde es in der Regel nicht möglich sein bei Vorgängen aus dem nicht transparenten Politik- und Wirtschafts­bereich Belege oder gar Beweise aufgrund eigener Nachforschung anzubringen. Daher könne der Einzelne auf die Berich­t­er­stattung durch die Medien zurückgreifen und daraus verall­ge­mei­nernde Schluss­fol­gerung ziehen (sog. "Laienprivileg"). Nur so könne verhindert werden, dass es zu keiner Lähmung der individuellen Meinungs­freiheit und des gesell­schaft­lichen Kommu­ni­ka­ti­o­ns­pro­zesses kommt.

Berufen auf Laienprivileg bei überholter Berich­t­er­stattung nicht möglich

Der Einzelne könne sich jedoch dann nicht auf sein "Laienprivileg" berufen, so die Richter weiter, wenn die Berich­t­er­stattung erkennbar überholt, widerrufen ist oder der sich Äußernden von der Unwahrheit weiß. So habe der Fall hier gelegen.

Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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