Im zugrunde liegenden Fall war ein 12-jähriges Mädchen beim Kölner Rosenmontagszug 1975 unter die Räder des Festwagens der "Treuen Husaren" geraten. Vermutlich hatte das Kind beim Aufsammeln von Karamellen das Gleichgewicht verloren, kippte nach vorn über und geriet so unter das linke Hinterrad des Festwagens. Diesen Sachverhalt nahm das Oberlandesgericht Köln an, das über den Fall zu entscheiden hatte. Das Gericht schloss aus, dass das Kind unter den Wagen "gekrochen" war, wie der beklagte Veranstalter meinte.
Das Oberlandesgericht urteilte, dass der Veranstalter gemäß §§ 823, 31 BGB für den Unfall hafte, wobei es von einem Mitverschulden des Kindes von 1/5 ausging (§ 254 BGB).
Das Gericht warf dem Veranstalter eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor. Mangelhafte Organisation habe zu dem Unfall geführt. Auch wenn der Veranstalter eine behördliche Erlaubnis der Stadt Köln für die Durchführung des Rosenmontagszuges gehabt habe, so müsse er gleichwohl in eigener Verantwortung dafür Sorge tragen, dass die Veranstaltung nicht zu einer Gefahrenquelle für Dritte werde. Hierauf habe ihn auch die Stadt Köln hingewiesen.
Auch wenn ein derartiger Unfall sich glücklicherweise bisher noch nicht ereignet habe, sei ein entsprechender Unfall vom Veranstalter vorhersehbar gewesen, führte das Gericht aus. Die Festwagen, die über 11m lang seien, stellten eine erhebliche Gefahr dar. Zudem würde dem Fahrer des den Wagen ziehenden Traktors durch die Verkleidungen der Zugmaschine jede Sicht nach hinten genommen. Er könne so nicht wahrnehmen, was hinter ihm passiere. Die Wagen würden besonders für Kinder eine besondere Gefahr darstellen, weil sich diese bei den in mehreren Reihen stehenden Zuschauern meist nach vorne drängelten, um freie Sicht zu haben. Die Festwagen würden gerade an Engstellen ohne Absperrmaßnahmen eine besondere Gefahr darstellen, stellte das Gericht fest.
Der Veranstalter hätte schon viel früher, Teilnahmebedingungen einführen müssen, wie er sie ab dem Rosenmontagszug 1976 aufstelle. Nach den "neuen Richtlinien für die Teilnahme am Kölner Rosenmontagszug" gelten nunmehr besondere Sicherheitsmaßnahmen. Neben den Festwagen müssten links und rechts zwei Begleitpersonen hergehen (an jeder Radachse einer). Ferner müssten die Räder mit großen aus Blech gearbeiteten Radkappen verkleidet werden. Das Wurfmaterial dürfe nicht mehr in die vorderen Reihen gestreut werden, sondern müsse weit nach hinten geworfen werden.
Das Oberlandesgericht Köln verneinte im Fall einen Haftungsausschluss des Veranstalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr und folgte diesbezüglich der Rechtsauffassung der Vorinstanz.
Das Mitverschulden des Mädchens könne allenfalls mit 1/5 bewertet werden, meinte das OLG. Das Kind habe sich so verhalten, wie es tausende Kinder jedes Jahr bei Rosenmontagsumzügen täten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.02.2012
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Köln (zt/pt)