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- NJW-Spezial 2017, 314Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 314
- NStZ-RR 2017, 174Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 174
Oberlandesgericht Köln Beschluss31.03.2017
Hinreichender Tatverdacht einer vorsätzlichen Kindesentziehung bei Verbringen der Kinder ins AuslandMögliche Strafbarkeit auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge
Verbringt ein Elternteil Kinder ins Ausland, so besteht selbst dann ein hinreichender Tatverdacht einer vorsätzlichen Kindesentziehung gemäß § 235 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn beiden Elternteilen das Sorgerecht zusteht. Maßgeblich ist aber, ob dem anderen Elternteil ein Herausgabeanspruch zustehen kann. Auf die gerichtliche Feststellung des Anspruchs kommt es aber nicht an. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehemann im Februar 2016 seine drei Kinder, 8, 6 und 3 Jahre alt, ins Ausland zu seinen Eltern gebracht und sie dort bei der Schule bzw. Kindergarten angemeldet. Hintergrund dessen waren angebliche Streitigkeiten mit seiner Ehefrau über die Kinder. Die Ehefrau, die zusammen mit ihrem Ehemann das Sorgerecht über die Kinder hatte, ging von einer Kindesentführung aus. Aufgrund einer familiengerichtlichen Entscheidung im Ausland erhielt sie die Alleinsorge über die Kinder. Im Juli 2016 kehrten die Kinder zur Mutter zurück. Nachfolgend erstattete die Mutter Anzeige wegen Kindesentführung gegen ihren Ehemann.
Staatsanwaltschaft stellte Strafverfahren ein
Die Staatsanwaltschaft Köln stellte das Strafverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts der vorsätzlichen Entziehung Minderjähriger ein. Sie begründete dies damit, dass die Ehefrau weder das alleinige Sorgerecht innegehabt habe, noch einen gerichtlich festgestellten Herausgabeanspruch. Gegen diese Entscheidung legte die Ehefrau Beschwerde ein.
Oberlandesgericht bejaht hinreichenden Tatverdacht der Kindesentziehung
Das Oberlandesgericht Köln entschied zu Gunsten der Ehefrau und hob daher die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf. Der Ehemann sei einer Kindesentziehung gemäß § 235 Abs. 2 Nr. 1 StGB hinreichend verdächtig. Es sei nicht erforderlich, dass der Ehefrau das alleinige Sorgerecht zusteht. Die Tat könne vielmehr im Fall gemeinsamer Sorge beider Elternteile auch von einem Elternteil zum Nachteil des anderen begangen werden. Zudem komme es nicht darauf an, ob ein gerichtlich festgestellter Herausgabeanspruch besteht. Im Falle gemeinsamer Sorge stehe das Aufenthaltsbestimmungsrecht beiden Elternteilen zu. Ein einseitiges Abrücken hiervon gebe dem anderen Elternteil gegebenenfalls einen Herausgabeanspruch gemäß § 1632 Abs. 1 BGB. Allein das damit mögliche Bestehen eines Anspruchs genüge.
Motivation des Ehemanns in Hauptverhandlung von Bedeutung
Mit welcher Motivation der Ehemann die Kinder ins Ausland verbracht hatte und ob insofern eine vorsätzliche Kindesentziehung vorliege, sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts im Rahmen der Hauptverhandlung zu klären.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.07.2018
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)
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