18.10.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil11.12.2008

OLG Koblenz: Tatort-Fadenkreuz nicht vorbehaltlos geschütztZur Verwechs­lungs­gefahr von Zeichen im geschäftlichen Verkehr

Die ARD kann das im Vorspann der TV-Serie "Tatort" gezeigte Fadenkreuz nicht allein für sich beanspruchen. Das geht aus einem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Koblenz (OLG) hervor. Das Gericht erlaubte einem Verlag, ein Fadenkreuz auf dem Cover seiner Hörbücher zu drucken.

Nach Auffassung der Richter wird ein abgebildetes Fadenkreuz allein nicht ausschließlich der ARD-Fernsehserie zugeordnet. Das Fadenkreuz erscheint im Vorspann der Reihe. Das Gericht erlaubte mit seinem inzwischen rechtskräftigen Spruch einem Verlag, auf dem Cover seiner Hörbücher weiter ein Fadenkreuz mit dem Zusatz "Krimi Hörbuch" zu verwenden. Das OLG wies damit die Unter­las­sungsklage einer ARD-Sendeanstalt ab, die gemeinsam mit den anderen ARD-Anstalten die "Tatort"-Reihe produziert. Die von der Fernsehserie genutzte Wort-/Bildmarke "Tatort mit Fadenkreuz" habe zwar für das Marktsegment unterhaltender Fernseh­sen­dungen eine sehr hohe Kennzeichnungskraft. Eine solche Kennzeich­nungskraft bestehe jedoch nicht ohne weiteres für das Marktsegment "Krimi-Hörbücher". Ohnehin komme es selbst bei hoher Kennzeich­nungskraft entscheidend auf die Zeichenähnlichkeit der verwendeten Marken an.

Fadenkreuz nur im Zusammenhang mit dem Wort "Tatort" geschützt

Die Richter vertraten die Ansicht, dass das Fadenkreuz für die meisten Zuschauer nur im Zusammenhang mit dem Wort "Tatort" eine Verwech­se­lungs­gefahr begründen könne. Die Hörbücher des beklagten Verlages verwendeten dieses Wort aber nicht.

Keine klangliche oder optische Verwechs­lungs­gefahr

Nach dem phonetischen Gesamteindruck bestehe keine klangliche Verwechslungsgefahr. Zwischen dem Wortbestandteil "tatort" der Fernsehserie und dem Wortbestandteil "KRIMI" der beanstandeten Hörbuchreihe bestehe in klanglicher Hinsicht keine Ähnlichkeit. Auch die bildliche Zeichen­ähn­lichkeit hielten die Richter für so gering, dass eine Verwechs­lungs­gefahr nicht bestehe. Die grafische Darstellung weise deutliche Unterschiede auf, die selbst dem flüchtigen Betrachter sogleich ins Auge springen. Das von dem beklagten Hörbuch-Verlag verwendete Fadenkreuz sei etwa in rot auf schwarzem Grund gedruckt und leicht nach links gekippt, während die ARD-Serie ihr Fadenkreuz nur streng senkrecht und in Schwarz-Weiß-Darstellung abbilde. Auch sei das Wort "KRIMI" in deutlich anderer Formatierung als das von der ARD verwendete Wort "tatort" geschrieben. Soweit die klagende Sendeanstalt die geschützte Marke mittlerweile auch selbst für Hörbuchkrimis verwende, komme ein weiterer grafischer Unterschied hinzu: Auf deren CD-Cover werde die Marke stets um das Zeichen der ARD, eine stilisierte "1" im Kreis, hinter dem Schriftzug "tatort" ergänzt. Für den Verbraucher werde daher hinreichend deutlich, ob es sich bei den Hörbüchern um Produkte aus der "Tatort"-Reihe handele oder um Krimis von Autoren des beklagten Verlages.

Fazit

Wegen des insgesamt deutlich abweichenden optischen Gesamteindrucks bei fehlender phonetischer Ähnlichkeit konnten die Richter demnach das Mindestmaß an Zeichen­ähn­lichkeit nicht erkennen, das auch bei hoher Kennzeich­nungskraft der beanspruchten Marke und hoher Ähnlichkeit oder Identität der Waren/Dienst­leis­tungen erforderlich sei, um eine Verwechs­lungs­gefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz zu begründen.

Quelle: ra-online (we)

der Leitsatz

1. Für die Beurteilung der bildlichen Zeichen­ähn­lichkeit im marken­recht­lichen Sinne kommt es bei einer Wort-/Bildmarke auf den Gesamteindruck aus dem Wort- und dem Bildbestandteil an.

2. Auch bei hoher Kennzeich­nungskraft der beanspruchten Marke und hoher Ähnlichkeit oder Identität der Waren oder Dienst­leis­tungen setzt die Verwechs­lungs­gefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ein Mindestmaß an Zeichen­ähn­lichkeit voraus. Dieses Mindestmaß an Zeichen­ähn­lichkeit liegt nicht vor, wenn bei fehlender phonetischer Ähnlichkeit des angegriffenen Zeichens mit der beanspruchten Wort-/Bildmarke auch der optische Gesamteindruck deutlich abweicht.

3. Der Schutz eines nicht eingetragenen Kennzeichens kraft Verkehrsgeltung ist unter dem Gesichtspunkt der Verwässerung geschwächt, wenn in dem betreffenden Marktsegment ähnliche Zeichen häufig als gestalterische Elemente verwendet werden.

4. Die Möglichkeit einer bloßen allgemeinen Assoziation in dem Sinne, dass eine gedankliche Verbindung zwischen zwei Zeichen hergestellt werden kann, führt noch nicht zu einer Verwechs­lungs­gefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

5. Aus dem Umstand, dass das beanstandete Kennzeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen die assoziative Verbindung zu einem kraft Verkehrsgeltung geschützten Kennzeichen hervorruft, kann jedenfalls dann nicht auf eine Aufmerk­sam­keits­aus­beutung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geschlossen werden, wenn ähnliche Zeichen bei den betreffenden Waren oder Dienst­leis­tungen häufig als genretypisches Dekora­ti­o­ns­element verwendet werden.

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