18.10.2024
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Dokument-Nr. 29445

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Urteil08.10.2020Oberlandesgericht Koblenz6 U 1582/19
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil08.10.2020

Baumkaufvertrag über einzelne Nutzbäume in Brasilien ist wirksamBäume als antizipiertes Mobiliargut nach brasilianischem Recht

Das Eigentum an Nutzbäumen in Brasilien (hier: zur späteren Verwertung gepflanzte Teakbäume) kann isoliert, also ohne das Eigentum am Grundstück, erworben werden. Die Frage des Eigen­tum­s­erwerbs beurteilt sich insoweit nach brasilianischem Recht, welches zur Abholzung und Verwertung gepflanzte Bäume als "antizipierte Mobiliargüter" den beweglichen Sachen gleichstellt. Es ist daher möglich, über Nutzbäume in Brasilien einen reinen Baumkaufvertrag zu schließen. Der Baumkäufer kann mithin den Vertrag weder mit dem Argument, über die Möglichkeit des Eigen­tum­s­erwerbs getäuscht worden zu sein, anfechten noch eine Sitten­wid­rigkeit des Vertrages geltend machen. Das hat das Oberlan­des­gericht Koblenz kürzlich entschieden und damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Mainz im Wesentlichen bestätigt.

Die Beklagte bietet gerade auch Kunden in Deutschland den Kauf von Bäumen in Brasilien als Investment an. Auf eine Inter­es­sen­be­kundung des Klägers übersandte sie diesem im Dezember 2012 die Vertrags­un­terlagen und kam es anschließend zum Vertragsschluss über den Erwerb von 265 auf einer Plantage in Brasilien gepflanzten Teakbäumen. Zur Bescheinigung des persönlichen Baumeigentums wurde dem Kläger im Januar 2013 eine "Baumurkunde" übersandt.

Käufer ficht Vertag wegen Täuschung an

Im März 2017 erklärte der Kläger unter anderem die Anfechtung des Vertrages, weil das Eigentum an den Bäumen nicht wirksam übertragen worden sei und auch nicht übertragen werden könne. Die Beklagte habe ihn insoweit getäuscht. Die Beklagte lehnte eine Rückabwicklung des Vertrages ab, woraufhin der Kläger diese gerichtlich auf Erstattung des gezahlten Kaufpreises von 9.808,66 € in Anspruch genommen hat.

LG verneint Täuschung

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger nicht getäuscht. Vielmehr habe dieser Eigentum an den Bäumen erworben. Denn auf den Vertrag sei brasilianisches Recht anzuwenden und hiernach könne das Eigentum an Nutzbäumen getrennt vom Eigentum am Grund und Boden übertragen werden. Der Vertrag sei daher auch nicht sittenwidrig. daher auch nicht sittenwidrig. Diese Rechts­auf­fassung hat der Senat bestätigt und die gegen das erstin­sta­nzliche Urteil gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Bäume als antizipiertes Mobiliargut

Der Eigentumserwerb beurteile sich im konkreten Fall nach brasilianischem Recht, das den Erwerb isolierten Eigentums an Nutzbäumen zulasse. Bei internationalen Streitigkeiten - wie hier - sehe das Gesetz (§ 43 Abs. 1 Einfüh­rungs­gesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch - EGBGB) vor, dass das Recht des Staates anzuwenden sei, in dem sich der Streit­ge­genstand (hier: die Bäume) befindet. Nach brasilianischem Recht handele es sich bei zur Abholzung und anschließenden Verwertung bestimmten Bäumen um "antizipierte Mobiliargüter". Hierunter seien Güter zu verstehen, die natür­li­cherweise oder künstlich mit dem Grund und Boden verbunden und daher zwar grundsätzlich unbeweglich aber zur Trennung von Grund und Boden bestimmt seien. Zu den antizipierten Mobiliargütern zählten insbesondere Bäume, die - wie hier - zur Rodung bestimmt seien.

Eigen­tums­über­tragung wie von beweglichen Sachen

Das Eigentum an antizipierten Mobiliargütern werde im brasilianischen Recht nach denselben Vorschriften übertragen, die für die Übertragung von beweglichen Sachen gelten. Es genüge daher der (nicht notariell beurkundete) Vertragsschluss und die Übergabe der Sache bzw. eine die Übergabe ersetzende Vereinbarung. Letztere hätten die Parteien hier dergestalt getroffen, dass die Beklagte den unmittelbaren Besitz für den Kläger ausüben solle. Folglich habe die Beklagte dem Kläger das Eigentum an den Bäumen der Plantage - anders als im deutschen Recht - auch ohne die Übereignung des Grundstücks verschafft und diesen nicht getäuscht. Der Kläger könne daher den Vertrag weder anfechten noch sich auf eine Sitten­wid­rigkeit des Rechtsgeschäfts berufen.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (pm/aw)

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