Oberlandesgericht Koblenz Urteil21.02.1995
Zur Frage der Haftung für einen Sturz eines Kleinkindes in einen GartenteichGartenteich-Besitzer haftet nicht, wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben
Ein Gartenteich muss grundsätzlich so abgesichert werden, dass Kinder nicht zu Schaden kommen. Allerdings haben auch Eltern eine Aufsichtspflicht für ihr Kind und haften selbst, wenn ihr Kind in einen Teich fällt, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Im vorliegenden Fall erlitt ein dreijähriges Kind infolge eines Sturzes in Gartenteich so schwere körperliche Schäden, dass es ab diesem Zeitpunkt ständiger Pflege und Betreuung bedurfte. Der Unfall ereignete sich während eines Besuches der Eltern im Garten des Beklagten. Während sich der Unfall ereignete, spielten die Eltern zusammen mit ihrem Gastgeber Karten, wobei sie sich in lediglich sechs Metern Entfernung vom Gartenteich befanden. Der Sturz des Kleinkindes wurde dabei zunächst nicht bemerkt, so dass es sich einige Zeit unter der Wasseroberfläche befand. Die anschließende Reanimation durch den Beklagten und den herbeigerufenen Notärzten konnte das Leben des Kindes retten.
Eltern verklagen Besitzer des Gartenteichs
Die Forderung der Klage auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld richtete sich gegen den Besitzer des Gartenteichs. In der Klagebegründung hieß es, der Besitzer hätte seinen Teich durch Schutzmaßnahmen und Warnhinweise sichern müssen und die Eltern hätten davon ausgehen dürfen, dass der Teich nicht derartig tief sei.
Eltern sind Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen
Das Gericht wies die Klage ab. Zur Begründung hieß es, dass die Eltern ihrer Aufsichtspflicht zum Unfallzeitpunkt nicht ausreichend nachgekommen seien. Sie hätten die Gefahr bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen müssen. Der Vater sei sogar noch gemeinsam mit seinem Kind am Gartenteich gewesen, als dieses mit einem Stöckchen auf die Wasseroberfläche geschlagen habe. Daraus hätte der Vater das Interesse des Kindes am Teich erkennen müssen und durch ein ausdrückliches Verbot, sich der Teichanlage zu nähern, und anschließende ständige Überwachung den Unfall verhindern können. Zudem vertrat das Gericht nach Vorlage von Fotos die Auffassung, dass die für das Kind gefährliche Wassertiefe gut erkennbar gewesen sei.
Geringere Sicherungserwartungen an den Grundstückseigentümer, wenn Eltern Aufsichtspflicht haben
Grundsätzlich stellen Gartenteiche eine Gefahr für Kinder dar. Der Besitzer müsse für Sicherungsmaßnahmen sorgen, die ein verständiger und umsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Für den Schutz von Kindern müsse jedoch berücksichtigt werden, dass diese aufgrund mangelnder Lebenserfahrung und ihres Spieltriebs über kein ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein verfügen. Dem Beklagten kann jedoch im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden, da er den Zugang zum Teich für Kinder durch einen Gartenzaun und ein verschließbares Gartentor abgesichert hatte. Am Tag des Unfalls lag die Aufsichtspflicht über das Kind bei den Eltern. Wird eine Beaufsichtigung von Kleinkindern nicht lückenlos durchgeführt, dann handelt es sich grundsätzlich um ein Aufsichtsversagen der Eltern oder anderer mit der Beaufsichtigung betrauter Personen. Wenn Gefahren durch beaufsichtigende Personen reduziert werden, dann reduziert sich auch die Sicherungserwartung an den Grundstückseigentümer, der auf eine ausreichende Beaufsichtigung vertrauen darf.
Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht konnte dem Beklagten demnach nicht vorgeworfen werden und die Klage war abzuweisen.
Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1995 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.01.2012
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Koblenz (vt/st)