21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24163

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Urteil07.01.2016Oberlandesgericht Koblenz1 U 657/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2016, 328Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2016, Seite: 328
  • NJW-RR 2016, 728Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 728
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Mainz, Urteil13.05.2015
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Koblenz Urteil07.01.2016

Land haftet für zweimaligen rechtswidrigen Versuch einer Ehescheidung durch eine RichterinBeteiligten des Scheidungs­verfahrens steht Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten zwecks zweier überflüssiger Beschwer­de­ver­fahren zu

Versucht eine Richterin zweimal rechtswidrig eine Ehe zu scheiden, so dass es zu zwei überflüssigen Beschwer­de­ver­fahren kommt, haftet das Land gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG für die entstandenen Anwaltskosten. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall versuchte eine Richterin am Amtsgericht Mainz im April 2012 durch einen nicht unterzeichneten und nicht verkündeten Beschluss eine Ehe zu scheiden. Auf die Beschwerde der Eheleute hob das Oberlan­des­gericht Koblenz den Beschluss auf und wies das Verfahren zurück an die Richterin am Amtsgericht. Diese versuchte im Oktober 2012 wiederum durch einen nicht unterzeichneten und verkündeten Beschluss die Ehe zu scheiden. Es folgte ein weiteres Beschwer­de­ver­fahren, in dem der erneute Beschluss ebenfalls aufgehoben wurde und das Verfahren an das Amtsgericht zurückgewiesen wurde. Nach erfolgter rechtmäßiger Scheidung verlangte der geschiedene Mann Ersatz der durch die zwei unnötigen Beschwer­de­ver­fahren entstandenen Rechtsanwaltskosten. Da das Land ihm aber lediglich die Anwaltskosten für das erste Beschwer­de­ver­fahren ersetzte, erhob der Mann Klage auf Ersatz der Anwaltskosten auch für das zweite Beschwer­de­ver­fahren. Das Landgericht Mainz wies die Schaden­s­er­satzklage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Anspruch auf Schadensersatz

Das Oberlan­des­gericht Koblenz entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger habe gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ein Anspruch auf Ersatz seiner durch das zweite Beschwer­de­ver­fahren entstandenen Rechts­an­walts­kosten zugestanden.

Haftung der Mitarbeiter der Geschäftsstelle

Die Haftung habe sich nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts aus § 839 Abs. 1 BGB ergeben, da es zu massiven Fehlern der Mitarbeiter der Geschäftsstelle gekommen sei. Nach dem im höchsten Maße problematischen Verfah­rens­ablauf hätten die Besonderheiten und Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem zweiten Beschluss die Mitarbeiter der Geschäftsstelle zu Rückfragen, Äußerung von Bedenken oder einer Remonstrantin veranlassen müssen. Aufgrund der fehlenden Unterzeichnung und Verkündigung des Beschlusses sei es die eindeutige Amtspflicht gewesen, die Richterin auf die falsche Sachbehandlung hinzuweisen und rechtmäßiges Handeln anzuregen.

Haftung der Richterin für grob fahrlässiges Verhalten

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts habe sich die Haftung zudem aus § 839 Abs. 2 BGB ergeben, da der Richterin ebenso massive Fehler unterlaufen seien. Das Spruch­rich­ter­privileg gelte hier nicht, da ein bloßer Beschlus­s­entwurf vorgelegen habe. Zwar hafte in diesen Fällen die Richterin nur für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten. Letzteres sei hier jedoch zu bejahen gewesen. Sie habe ohne eine Begründung und auch nicht begründbar die Ehe wiederum lediglich durch einen nicht unter­schriebenen und verkündeten Beschluss scheiden wollen.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (vt/rb)

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