22.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil12.07.2006

Miteigentümer kann Mobilfunkanlage auf dem Dach ablehnenGefahr der Wertminderung bei Vermietung

Ein Gebäu­de­mi­tei­gentümer kann vom anderen nicht die Zustimmung zum Abschluss eines Mietvertrages mit einem Mobil­funk­an­bieter zur Errichtung einer Funkfeststation auf dem Dach verlangen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Die Kläger und die Beklagte sind Miteigentümer eines Hauses, wobei die Beklagte Inhaberin eines Anteils von 5/9 ist. Der Kläger Ziffer 1 erhielt im Frühjahr ein Angebot eines Mobil­funk­an­bieters zum Abschluss eines Mietvertrages über das Dachgeschoss zum Zweck der Errichtung einer Funkfeststation auf dem Dach des Hauses. Die jährliche Miete sollte 4.000 Euro betragen.

Der Kläger Ziffer 2 hat dem Abschluss des Mietvertrages schriftlich zugestimmt, die Beklagte weigerte sich, den Mietvertrag zu unterzeichnen. Da die Strahlenwerte wohl messbar seien, aber man nicht wisse, wie sie wirkten, sei sie vorsichtig.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Vermietung zuzustimmen. Das Landgericht Heidelberg hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Abschluss des Mietvertrags sei keine zur Erhaltung des Gebäudes notwendige Maßnahme. Voraussetzung einer Verwal­tungs­re­gelung durch das Gericht sei eine Uneinigkeit der Mitberechtigten, die auch durch Mehrheit nicht behoben werden könne. Die Beklagte habe allerdings als Inhaberin der Mehrheits­be­tei­ligung den Abschluss des Mietvertrages abgelehnt, so dass ein Mehrheits­be­schluss vorliege. Dieser widerspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe - 1. Zivilsenat - blieb ohne Erfolg.

Im Gegensatz zur Meinung der Kläger entspricht die Mehrheits­ent­scheidung der Beklagten, den Mietvertrag nicht abzuschießen, einer dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung im Sinn von § 745 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat die Verweigerung ihrer Zustimmung mit der Befürchtung begründet, der Verkehrswert des gemein­schaft­lichen Gebäudes werde sich verringern, wenn die Mobil­funksen­de­station auf dem Dach installiert wird. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet und lässt die wohlver­standenen Interessen der Gemeinschaft nicht außer Acht. Zwar können aus dem Nachbarrecht Unterlassungs- und Besei­ti­gungs­ansprüche gegen Mobil­funksen­de­anlagen in der Regel nicht hergeleitet werden, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten sind. Die Einhaltung der dort geregelten Grenzwerte indiziert regelmäßig die Unwesent­lichkeit der auf ein Grundstück einwirkenden Beein­träch­tigung. Deshalb kann auch ein Mieter von Wohnraum die Beseitigung einer Mobil­funk­antenne oder die Einstellung deren Betriebs nicht verlangen. Der Bundes­ge­richtshof hat aber in einer Entscheidung dazu ausdrücklich ausgeführt, dass nach der Verkehrs­an­schauung gegebenenfalls die begründete Besorgnis einer Gesund­heits­gefahr die Gebrauch­s­taug­lichkeit der Mieträume zu Wohnzwecken beeinträchtigen kann. Die Befürchtung einer Wertminderung des Gebäudes ist daher zumindest im Hinblick auf die Vermietbarkeit einzelner Wohnungen und die Aufteilung des Gebäudes in Eigen­tums­woh­nungen und deren Verwertung gerechtfertigt. Bei einer Vermietung kann wegen der Besorgnis der Gesund­heits­ge­fährdung möglicherweise nur ein geringerer Mietzinsertrag erzielt werden, auch wenn ein Mangel der Wohnung im Rechtssinne nicht besteht. Die Verweigerung der Zustimmung zum Abschluss des Mietvertrages widerspricht daher nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung, weil die Nutzung des Gebäudes durch Vermietung oder seine Verwertung durch Verkauf durch die Installation der Mobil­funksen­de­anlage beeinträchtigt werden können. Da bereits die Möglichkeit einer Wertminderung in diesem Sinne ausreicht, kommt es auf deren tatsächliches Eintreten nicht an.

Aus dem Gesetz:

§ 742 Abs. 2 BGB: Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.

§ 745 Abs. 2 BGB: Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder Mehrheits­be­schluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 13.07.2006

der Leitsatz

Bei Gemeinschaften von Miteigentümern stimmt die Mehrheits­ent­scheidung, einen Mietvertrag über die Errichtung einer Mobil­funksen­de­station auf dem Dach des gemein­schaft­lichen Wohnhauses nicht abzuschließen, mit einer dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung i.S. von § 745 II BGB überein.

Auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV kann nach der Verkehrs­an­schauung bereits die Besorgnis einer Gesund­heits­gefahr die Gebrauch­s­taug­lichkeit von Mieträumen zu Wohnzwecken beeinträchtigen. Die Nutzung eines Gebäudes durch Vermietung oder seine Verwertung durch Verkauf (von Mitei­gen­tums­an­teilen) können durch die Installation einer Mobil­funksen­de­anlage beeinträchtigt werden. Da bereits die ernsthafte Möglichkeit einer Wertminderung ausreicht, kommt es auf deren tatsächliches Eintreten nicht an.

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