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- NJW-RR 2016, 459Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 459
- Landgericht Freiburg, Urteil07.11.2014, 5 O 166/14
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil15.10.2015
Verjährung des Pflichtteilsanspruchs durch Stundungsvereinbarung zwischen Pflichtteilsberechtigten und Erben gehemmtVerjährungshemmung gemäß § 205 BGB
Vereinbaren der Pflichtteilsberechtigte und der Erbe die Stundung des Pflichtteilsanspruchs, so wird dadurch die Verjährung gemäß § 205 BGB gehemmt. Dies hat das Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2002 verstarb die verwitwete Mutter zweier Kinder. Da ihr Sohn bereits verstorben war, hatte die Erblasserin ihre Tochter als Alleinerbin eingesetzt. Jedoch hinterließ ihr Sohn eine Tochter. Diese beanspruchte nunmehr ihren Pflichtteil. Ihre Tante bat sie aber, den Pflichtteilsanspruch nicht geltend zu machen. Denn wäre sie zur Auszahlung verpflichtet, könne sie unter Umständen ihre Eigentumswohnung nicht halten. Sie erklärte sich aber dazu bereit, ihre Nichte als Erbin einzusetzen, so dass sie dadurch nicht nur den Pflichtteil erhalten würde, sondern das gesamte Erbe ihrer Großmutter. Entsprechend dieser Abrede machte die Enkelin der Erblasserin ihren Pflichtteilsanspruch zunächst nicht geltend. Im Jahr 2014 kamen der Enkelin aber Zweifel, ob ihre Tante sie tatsächlich als Alleinerbin eingesetzt hatte. Sie beanspruchte daher ihren Pflichtteil, was ihre Tante unter Hinweis auf die bereits eingetretene Verjährung des Pflichtteilsanspruchs zurückwies. Die Enkelin erhob daraufhin Klage.
Landgericht weist Klage ab
Das Landgericht Freiburg wies die Klage ab, da es den Pflichtteilsanspruch für verjährt hielt. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.
Oberlandesgericht bejaht Anspruch auf Pflichtteil
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Der Klägerin stehe der Anspruch auf den Pflichtteil zu. Der Anspruch sei noch nicht verjährt.
Verjährungshemmung aufgrund Stundungsvereinbarung
Zwar habe der Pflichtteilsanspruch nach der im Jahr 2011 geltenden Regelung des § 2332 Abs. 1 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist unterlegen, so das Oberlandesgericht. Die Verjährung sei jedoch durch die vereinbarte Stundung des Pflichtteilsanspruchs gemäß § 205 BGB gehemmt gewesen. Die Beklagte habe darum gebeten, den Anspruch nicht geltend zu machen, weil sie ohne Verkauf ihrer Eigentumswohnung die erforderliche Zahlung voraussichtlich nicht habe leisten können. Das in dieser Bitte liegende Stundungsersuchen habe die Klägerin angenommen, in dem sie anschließend entsprechend der Bitte den Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht habe.
Zwei Möglichkeiten für Dauer der Stundung
Für die Dauer der Stundung sah das Oberlandesgericht zwei Möglichkeiten. Zum einen könne die Vereinbarung als eine unbefristete Stundung verstanden werden. In diesem Fall habe die Klägerin das Recht, später den Leistungszeitpunkt nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB zu bestimmen. Zum anderen könne die Stundung dahingehend verstanden werden, dass sie bis zum Tod der Beklagten gelte, allerdings begrenzt auf einen früheren Zeitpunkt, wenn sich bereits vorher die Aussicht der Klägerin, als Erbin eingesetzt zu werden, zerschlagen sollten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.08.2017
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)
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