14.11.2024
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Dokument-Nr. 4334

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil05.06.2007

EnBW gegen Thermoselect: Klage ist wegen Unzuständigkeit der staatlichen Gerichte unzulässigParteien müssen sich an ein Schiedsgericht wenden

Die Klage von EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) gegen die Thermoselect S.A. ist aufgrund einer getroffenen Schieds­ver­ein­barung unzulässig. Die staatlichen Gerichte sind nicht zuständig. Das hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Die Klägerin, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, begehrt von der beklagten Thermoselect S.A. die Rückabwicklung des Werkvertrages ( "Wandelung") über die 1997/1998 in Karlsruhe errichtete Thermo­se­lec­t­anlage. Die Klägerin rügt zahlreiche Mängel und macht insbesondere den ungenügenden Anlagen­durchsatz geltend.

Nach Inbetriebnahme der Anlage im Jahre 1999 kam es zu zahlreichen Nachbes­se­rungs­maß­nahmen, Veränderungen, vorübergehendem Stillstand der Anlage und umfangreichen vorprozessualen Verhandlungen der Parteien. Seit Ende Oktober 2004 ist die Abfall­be­handlung eingestellt. Zur Beilegung von Meinungs­ver­schie­den­heiten, die im Wesentlichen wechselseitig geltend gemachte Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags betrafen, schlossen die Parteien Anfang August 2000 eine Schieds­ver­ein­barung. Das Verfahren endete durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut. Der Schiedsspruch enthält u. a. folgende Vereinbarung:

"Soweit sich die Parteien über Abnahme, Gewährleistung oder die Frage aus Ziff. 2 nicht einigen können, kann jede Seite das vereinbarte Schiedsgericht erneut anrufen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Schiedsvertrag vom ... diesen Streit mit umfasst. Das Schiedsgericht hat in diesem Fall eine Billig­keits­ent­scheidung in möglichst enger Anlehnung an die vertraglichen Bestimmungen zu treffen."

In der Folgezeit kam es erneut zum Streit, in dem es insbesondere um Ursachen und Verant­wort­lich­keiten für die Unterschreitung des angestrebten Anlagen­durch­satzes ging. Am 15.03.2004 hat die Klägerin die Wandelung des Werkvertrages erklärt und im Oktober 2004 die vorliegende Wandelungsklage eingereicht, mit der sie die Rückzahlung des Werklohnes in Höhe von 145 Mio. EUR gegen Rückgewähr und Rückbau der Anlage durch die Beklagte begehrt. Die Beklagte hat die Schiedseinrede erhoben und geltend gemacht, die Klage sei unzulässig. Das Landgericht Karlsruhe war der Auffassung, dass sich die Schiedsabrede nicht umfassend auf alle Gewähr­leis­tungs­fragen beziehe, hat aber die Klage abgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Wandelung des Werkvertrages nicht vorlägen und die Thermoselect S.A. nicht Vertrags­partnerin der Klägerin gewesen sei.

Auf die Berufung der klagenden EnBW hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe - 8. Zivilsenat - entschieden, dass die Klage vor einem ordentlichen Gericht aufgrund der Schieds­ver­ein­barung unzulässig ist, und die Berufung zurückgewiesen: Die Klage ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen, weil sie in einer Angelegenheit erhoben worden ist, die Gegenstand einer Schieds­ver­ein­barung ist und die Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gerügt hat. Die Parteien haben wirksam eine Schiedsklausel vereinbart. Streit besteht nur hinsichtlich der Reichweite dieser Schiedsklausel. Die Auslegung der Schiedsklausel ergibt, dass sie auch die Wandelungsklage umfasst, denn Wortlaut, Sinn und Zweck der Schieds­ver­ein­barung und die Interessenlage der Parteien führen zu dem Ergebnis, dass sich die Entschei­dungs­kom­petenz des Schiedsgerichts auf alle streitigen Mängel unbeschadet der Frage erstreckt, ob sich die Parteien um Abnahme oder Gewährleistung streiten. Die Schieds­ver­ein­barung ist auch nicht undurchführbar. Die Schiedsklausel beinhaltet nicht die Bindung an einen bestimmten Schiedsrichter, dessen Wegfall ohnehin nicht angenommen werden kann. Eine (still­schweigende) Aufhebung der Schiedsklausel durch die Parteien kann ebenfalls nicht festgestellt werden.

Erläuterungen
§ 1032 ZPO. Schieds­ver­ein­barung und Klage vor Gericht

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schieds­ver­ein­barung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schieds­ver­ein­barung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 05.06.2007

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