Dokument-Nr. 1407
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss30.11.2005
Beschwerde der Staatsanwaltschaft Baden-Baden teilweise erfolgreich
Dies hat jetzt der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden und auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Baden-Baden hin einen anders lautenden Beschluss des Schwurgerichts des Landgerichts Baden-Baden vom Juni 2005 aufgehoben.
Dieses hatte eine Anklage der Staatsanwaltschaft Baden-Baden vom Juni 2004 gegen eine 35jährige Hausfrau wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Die Anklagebehörde hatte der Frau hierin vorgeworfen, in einer Gemeinde aus dem Landkreis Rastatt/Nordbaden ihr im Juli 2003 geborenes drittes Kind nach der Geburt zunehmend misshandelt zu haben, indem sie den schreienden Säugling u.a. gewürgt und ihm Nase und Mund zugedrückt habe. Mitte Dezember 2003 sei es beim morgendlichen Wickeln zu einer weiteren Aggressionshandlung gekommen. Im Laufe des späteren Vormittags dieses Tages habe sie dann, als das Kind sie fröhlich angelacht habe, ihrem sechs Monate alten Sohn mehrfach gegen die Brust und den Unterleib getreten und mit der Faust geschlagen. An den hierbei erlittenen inneren Verletzungen sei der Säugling noch am gleichen Tage trotz veranlasster notärztlicher Versorgung verstorben.
Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Baden-Baden hat die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens vollumfänglich abgelehnt, weil die Frau nach einem eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachten zum Zeitpunkt der Tötung an einer schweren nachgeburtlichen Depression mit einem somatischen Syndrom und einer schweren Mutter-Kind-Beziehungsstörung gelitten habe und aufgrund dieser krankhaft seelischen Störung für ihre Tat nicht strafrechtlich verantwortlich sei (§ 20 StGB). Der 3. Strafsenat hat diese auf eine sachverständige Expertise gestützte Bewertung des Landgerichts Baden-Baden nicht beanstandet, jedoch ausgeführt, dass die Angeklagte, auch wenn sie zum Zeitpunkt der tödlichen Tritte und Schläge schuldunfähig gewesen war, sich dafür verantworten müsse, dass sie wegen der Misshandlungen des Kindes, welche den tödlichen Übergriffen vorausgegangen seien, nicht von dessen weiterer Betreuung Abstand genommen habe. Auch dies hätte den späteren Tod des Säuglings in zurechenbarer Weise herbeigeführt.
Es bestehe der hinreichende Tatverdacht eines Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB. Der Umstand, dass die Kindesmutter die todesursächlichen Verletzungs-handlungen in nicht ausschließbar schuldunfähigem Zustand ausgeführt habe, bedeute nämlich nicht, dass ihr die Verursachung des Todes in keiner Weise strafrechtlich angelastet werden könne. Die Angeklagte sei vielmehr für den Tod ihres Kindes im Sinne eines Fahrlässigkeitsvorwurfs strafrechtlich verantwortlich, wenn sie durch ein Verhalten in schuldfähigem Zustand unter Verletzung der ihr obliegenden Sorgfalt eine Gefahrenlage für das Leben des Kindes geschaffen habe, welche in objektiv und subjektiv zurechenbarer Weise zum Tod des Kindes geführt habe. So bestehe der Verdacht, dass sie das Kind am Tattage einer tödlichen Gefahr ausgesetzt habe, indem sie es - trotz zu befürchtender neuer depressionsbedingter Impulsausbrüche - weiter betreut und versorgt habe. Vor Eintreten des späteren akuten Schubs sei ihre Schuldfähigkeit nach dem eingeholten Sachverständigengutachten aber nicht erheblich beeinträchtigt gewesen.
Ob der Vorwurf der fahrlässigen Tötung zutrifft, muss nun das Amtsgericht Rastatt klären, bei welchem der Senat das Hauptverfahren eröffnet hat. Ein Termin zur Hauptverhandlung steht noch nicht fest.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.12.2005
Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 07.12.2005
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