15.11.2024
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Dokument-Nr. 5198

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Beschluss16.11.2007Oberlandesgericht Karlsruhe3 Ws 216/07
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss16.11.2007

Keine Anklage gegen Bauherrn nach tödlichem Balkonsturz

Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden und damit unter Verwerfung einer Beschwerde der Staats­an­walt­schaft Mannheim eine Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 29.01.2007 bestätigt.

Dieses hatte eine am 20.2.2006 erhobene Anklage der Staats­an­walt­schaft Mannheim nicht zur Haupt­ver­handlung zugelassen. Dem aus dem nordbadischen Raum stammenden Angeschuldigten war hierin vorgeworfen worden, als Bauherr und verant­wort­licher Bauunternehmer bei der Errichtung eines später weiter­ver­kauften Wohngebäudes in Brühl im Jahre 1967 pflichtwidrig dazu beigetragen zu haben, dass bei einer Bodenplatte eines Balkons die statisch erforderliche Zugbewehrung nicht eingebaut worden sei. Deshalb sei dieser am 28.07.2005 abgebrochen, wobei drei Menschen - zwei befanden sich auf dem Balkon und einer auf der darunter liegenden Terrasse - getötet und drei weitere - sich auf dem Balkon befindende - Personen erheblich verletzt worden seien.

Der für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderliche hinreichende Tatverdacht (§ 203 StPO) sei - so der 3. Strafsenat - vorliegend nicht gegeben. Eine Verurteilung des Angeschuldigten sei aus tatsächlichen Gründen nämlich nicht mit Wahrwahr­scheinlich zu erwarten, da dessen Mitwirkung an der mangelhaften Errichtung des Balkons durch ein konkretes sorgfalts­pflicht­widriges Tun oder Unterlassen nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden könne.

Grundsätzlich sei derjenige, der - wie der Angeschuldigte - zugleich als Bauherr und Bauunternehmer ein Gebäude errichte - umfassend dafür verantwortlich, dass durch das Bauwerk die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, namentlich Rechtsgüter Dritter, nicht gefährdet werden. Dieser habe insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass bei der Bauausführung die baurechtlich genehmigten Planvorgaben eingehalten werden und die allgemein anerkannten Regeln der Technik Beachtung finden. Bediene sich der als Bauherr und Bauunternehmer am Bau Beteiligte zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben der Mitwirkung Dritter, so treffen ihn Auswahl-, Organisations- und Überwa­chungs­pflichten. So habe er fachkundiges Personal mit den Bauarbeiten zu betrauen, für eine sachgerechte Organisation des Betriebs auf der Baustelle zu sorgen und die eingesetzten Hilfskräfte in angemessenem Umfang zu überwachen. Werde er diesen Pflichten gerecht, könne er grundsätzlich auf eine ordnungsgemäße Erledigung der an Dritte delegierten Aufgaben vertrauen. Anderes gelte aber dann, wenn aus Sicht des Bauherrn und -unternehmers konkrete Anzeichen für Fehlleistungen des mit der Bauausführung betrauten Personals vorlägen oder er selbst Kenntnis von einer Gefahrenquelle erlange.

Vorliegend stehe lediglich fest, dass der Abbruch des Balkons am 28.07.2005 auf einer grob fehlerhafte Bauausführung der Beton­bo­den­platte zurückzuführen sei. Während die statischen Berechnungen hierfür noch eine ausreichend ausgelegte Stahlbewehrung vorgesehen hätten, sei dies bei der abgebrochenen Bodenplatte nicht mehr der Fall gewesen. Der Grund für diesen Baumangel habe allerdings nicht geklärt werden können.

So seien in dem für die Errichtung des Balkons in Frage kommenden Zeitraum bei dem Bauunternehmen des Angeschuldigten zumindest 12 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, welche, soweit sie sich an ihre Tätigkeit bei dem Angeschuldigten überhaupt erinnern konnten, angegeben haben, dass das vom Angeschuldigten geführte Bauunternehmen in den ersten Monaten des Jahres 1967 eine normale Geschäft­s­tä­tigkeit mit fachlich qualifiziertem Personal entfaltet habe. Zu der Errichtung des Balkons im ersten Obergeschoss des Anwesens in Brühl hätten die Bauarbeiter aber keine Angaben mehr machen können.

Auch hätten sich aus den Ermittlungen keine Hinweise ergeben, dass der Angeschuldigte, welcher damals täglich ein- bis zweimal auf der Baustelle erschienen sei, etwa durch eine fehlerhafte Anweisung zu der mangelhaften Herstellung des Balkons beigetragen habe. Auch sei diesem nicht nachzuweisen, dass er den ihn obliegenden Auswahl-, Organisations-, und Aufsichts­pflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen sei oder von der mangelhaften Bausausführung Kenntnis gehabt habe. Allein aus der offenkundig grob fehlerhaften Bauausführung könne vorliegend auch nicht ohne weiteres auf ein Unterbleiben der in der Baugenehmigung vorge­schriebenen Abnahme der Bewehrung geschlossen werden.

Eine strafrechtliche Verant­wort­lichkeit des Angeschuldigten ergebe sich schließlich auch nicht daraus, dass der Balkon abweichend von den genehmigten Bauvorlagen ausgeführt worden sei, weil diese Divergenz nach dem Ergebnis der Ermittlungen für dessen Einsturz nicht ursächlich gewesen war.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 21.11.2007

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