18.10.2024
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Dokument-Nr. 16751

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Urteil20.08.2013Oberlandesgericht Karlsruhe12 U 41/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-Spezial 2013, 642 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2013, Seite: 642, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Mannheim, Urteil20.02.2013, 9 O 313/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil20.08.2013

Verbot des Betriebs einer "Dirnenpension" und Verbot der Überlassung von Wohnräumen an "Bardamen" sowie "Unzucht" treibenden Personen wegen Unbestimmtheit unzulässigIm Grundbuch eingetragenes Verbot muss gelöscht werden

Das Verbot auf einem Grundstück eine "Dirnenpension" zu betreiben sowie das Verbot Wohnräume an "Bardamen" und "Unzucht" treibenden Personen zu überlassen, ist wegen Unbestimmtheit unzulässig. Ist ein solches Verbot im Grundbuch eingetragen, besteht ein Löschungs­an­spruch des Grundstücks­eigentümers. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wurde im März 1969 zu Lasten eines Grundstücks und zugunsten der Stadt Mannheim folgende Verbote im Grundbuch eingetragen:

"In dem auf dem Grundstück errichteten Gebäude dürfen keine Dirnenpensionen eingerichtet und betrieben werden. Die Wohnräume dürfen nicht an Bardamen oder Personen überlassen werden, welche der Unzucht nachgehen bzw. häufig wechselnden Geschlechts­verkehr haben".

Im März 2011 verlangte der nunmehr neue Eigentümer des Grundstücks die Löschung des Grund­bu­ch­eintrags. Denn seiner Meinung nach, sei dieser viel zu unbestimmt. Da sich die Stadtverwaltung weigerte dem nachzukommen, erhob der Grundstückseigentümer Klage.

Landgericht Mannheim wies Klage ab

Das Landgericht Mannheim verneinte einen Löschungs­an­spruch und wies die Klage ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass aus dem Grundbucheintrag eindeutig hervorgehe, dass die gewerbliche Prostitution auf dem Grundstück verboten werden soll. Da der Grund­s­tücks­ei­gentümer dies weiterhin anders sah, legte er gegen das Urteil Berufung ein.

OLG: Anspruch auf Löschung wegen Unbestimmtheit des Eintrags bestand

Das Überlan­d­es­gericht Karlsruhe folgte der Ansicht des Grund­s­tücks­ei­gen­tümers und hob das erstin­sta­nzliche Urteil auf. Dem Grund­s­tücks­ei­gentümer habe ein Löschungs­an­spruch (§ 894 BGB) hinsichtlich des Grund­bu­ch­eintrags zugestanden. Denn der Eintrag sei wegen Verstoßes gegen den Bestimmt­heits­grundsatz unrichtig gewesen. Das Gericht führte dazu folgendes aus:

Verbot des Betriebs einer "Dirnenpension" unklar

Zunächst sei nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts unklar gewesen, ob das Verbot des Betriebs einer "Dirnenpension" das bloße Wohnen der Prostituierten oder nur dort ausgeübte entgeltliche Sexdienst­leis­tungen oder gar beides untersagt werden soll. Zwar werden Dirnenpensionen oftmals als bordellartige Betriebe angesehen, in der Sex gegen Geld angeboten wird. Dies sei seinerzeit nach § 180 Abs. 2 StGB auch strafbar gewesen. Es könne jedoch auch in Betracht kommen, dass Prostituierte in Dirnenpensionen nur nächtigen und in dessen Räumen keine entgeltlichen Tätigkeiten nachgehen. Dies sei wiederum nicht strafbar gewesen.

Verbot der Überlassung von Wohnräumen an "Bardamen" ebenfalls unklar

Zudem sei unklar gewesen, so das Oberlan­des­gericht weiter, ob das Verbot der Überlassung von Wohnräumen an Bardamen im allgemeinen, oder nur an Bardamen, "welche der Unzucht nachgehen bzw. häufig wechselnden Geschlechts­verkehr ausüben" gelten soll. Außerdem könne der Begriff der "Bardame" nicht mit der "Prostituierten" gleichgesetzt werden.

Begriff der "Unzucht" erfasst nicht zwangsläufig Prostitution

Weiterhin führte das Oberlan­des­gericht aus, dass mit dem Begriff der "Unzucht" nicht zwangsläufig Prostitution gemeint ist. Genauso gut könne auch anderes als anstößig empfundenes Sexualverhalten gemeint sein. Es sei zwar richtig, dass unter den Oberbegriff "Unzucht" auch die Prostitution fällt. Es müsse jedoch beachtet werden, dass dieser Begriff im Jahr 1965 auch sexuelle Handlungen umfasste, die vom "Mainstream" abwichen. So sei damals selbst der sexuelle Kontakt unter Verlobten als Unzucht angesehen worden. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass etwa die Vermietung an Personen, die außerehelichen Sexualkontakt oder Sexualpraktiken abweichend vom "Mainstream" haben, durch den Eintrag verboten werden sollte.

Keine zwangsläufige Prostitution bei "Personen mit häufig wechselnden Geschlechts­verkehr"

Ebenfalls sei aus Sicht der Richter völlig unklar gewesen, ob mit "Personen mit häufigen wechselnden Geschlechts­verkehr" Prostitution oder Promiskuität gemeint war. Zwar könne der Begriff "Prostituierte" darunter fallen. Jedoch könne darunter auch der sexuelle Kontakt mit mehreren Menschen ohne die Absicht, mit den sexuellen Handlungen einen finanziellen Gewinn zu erzielen, verstanden werden. Damit sei gänzlich unklar, ob lediglich die Vermietung der Wohnräume an Prostituierte verboten ist oder auch die Vermietung der Wohnräume an sonstige Personen mit außerehelichen Sexualkontakt bzw. häufig wechselnden Geschlechts­partnern.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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