18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18171

Drucken
Urteil15.04.2014Oberlandesgericht Karlsruhe12 U 149/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2014, 464Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2014, Seite: 464
  • NJW-RR 2014, 1311Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 1311
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil15.04.2014

Kein Kasko­versicherungs­schutz bei "Freiem Fahren" auf dem NürburgringWirksam vereinbarte Ausschluss­klausel in den Bedingungen des Haft­pflicht­versicherers schließt Kasko­versicherungs­schutz aus

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat entschieden, dass für Teilnehmer an einem "Freien Fahren" dann kein Kasko­versicherungs­schutz besteht, wenn in den Bedingungen des Haft­pflicht­versicherers der Kasko­versicherungs­schutz durch eine entsprechende Klausel ausgeschlossen wurde. Sofern die Ausschluss­klausel nicht überraschend, intransparent oder benachteiligend für den Kunden ist, gilt sie als wirksam vereinbart.

Im zugrunde liegenden Verfahren "krachte" der Geschäftsführer der Klägerin, einer Versi­che­rungs­maklerin, bei einer Veranstaltung "H.-E.-Freies Fahren" des Deutschen Sport­fah­rer­kreises auf dem Nürburgring im April 2012 mit deren Porsche 911 GT3 auf dem Nürburgring Nordschleife bei ca. 115 km/h in die Leitplanke. Die Klägerin begehrt wegen der beschädigten Leitplanke Freistellung von den Schaden­s­er­satz­ansprüchen des Betreibers in Höhe von ca. 1.800 Euro und Leistungen aus der Kaskoversicherung wegen der Beschädigung des Porsches in Höhe von ca. 20.000 Euro von ihrer beklagten Kraft­fahr­zeug­ver­si­cherung.

Im KFZ-Versi­che­rungs­vertrag findet sich zur Haftpflichtversicherung folgende Regelung (AKB):

"Genehmigte Rennen - Kein Versi­che­rungs­schutz besteht für Schäden, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt, entstehen. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten."

Und für die Kasko­ver­si­cherung:

"Kein Versi­che­rungs­schutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrt­ver­an­stal­tungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Darüber hinaus besteht kein Versi­che­rungs­schutz für jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt (z.B. bei Gleich­mä­ßig­keits­fahrten, Touris­ten­fahrten). Versi­che­rungs­schutz besteht jedoch für Fahrsi­cher­heits­trainings."

Die Beklagte hat sich auf die Ausschluss­klauseln berufen und die geforderte Leistung verweigert.

Landgericht gibt Klage teilweise statt

Das Landgericht Mannheim hat der Klage lediglich hinsichtlich der Freistellung von Schaden­s­er­satz­ansprüchen wegen der Leitplanke stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Parteien.

Ausschluss­klausel in konkret vorliegender Form nicht überraschend und daher wirksam

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat das landge­richtliche Urteil bis auf einen Nebenpunkt bestätigt. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung des geltend gemachten Kaskoschadens wegen Beschädigung des versicherten Fahrzeuges zu. Einer Leistungs­pflicht der Versicherung stehe der Risiko­aus­schluss in den AKB entgegen. Die Ausschlussklausel sei in der konkret vorliegenden Form wirksam, insbesondere sei sie weder überraschend noch intransparent oder benachteilige die Klägerin in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Die Klausel sei nicht überraschend, auch wenn sich in denselben AKB in den Bereichen für die Haftpflicht­ver­si­cherung eine hiervon abweichende Risiko­aus­schluss­klausel finde. Die Kraft­fahrt­ver­si­cherung sei eine in einem Versi­che­rungs­schein zusam­men­ge­fasste Mehrzahl selbständiger Versi­che­rungs­verträge, weshalb Gefah­r­er­hö­hungen, Anzeigepflicht- und Oblie­gen­heits­ver­let­zungen sowie Risiko­aus­schluss­klauseln für die jeweilige Sparte jeweils getrennt zu prüfen seien. Der Inhalt sei üblicher Inhalt allgemeiner Versicherungsbedingungen und für den durch­schnitt­lichen Versi­che­rungs­nehmer deshalb ebenfalls nicht überraschend. Die Klausel sei ohne weiteres aus sich heraus verständlich. Sie sehe zunächst einen Risiko­aus­schluss für auf Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit angelegte Fahrt­ver­an­stal­tungen und zugehörige Übungsfahrten vor, im nächsten Satz werde der Risiko­aus­schluss - unabhängig vom „Renncharakter“ der jeweiligen Fahrt - auf sämtliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken erstreckt.

Motorsport-Rennstrecke ist als Fahrstrecke gemäß Ausschluss­klausel anzusehen

Eine Motorsport-Rennstrecke stelle eine Strecke dar, die dem Motorsport gewidmet sei und auf der - für diese Zeit der Widmung - kein öffentlicher Straßenverkehr im Sinne der straßen­ver­kehrs­recht­lichen Vorschriften stattfinde. Dass die Strecke hier außerhalb von Zeiten organisierter Veranstaltungen für die Allgemeinheit in dem Sinne zugänglich sei, dass jedermann die Möglichkeit habe, sie gegebenenfalls gegen Zahlung eines Entgelts zu nutzen, nehme ihr die Eigenschaft als Motorsport-Rennstrecke nicht. Es könne offen bleiben, ob es sich hier um ein Rennen bzw. eine zugehörige Übungsfahrt gehandelt habe, denn es liege jedenfalls eine Fahrt auf einer Motorsport-Rennstrecke gemäß der Ausschluss­klausel vor.

OLG verneint Vorliegen eines Fahrsi­cher­heits­trainings

Es habe sich auch nicht um ein vom Risiko­aus­schluss ausgenommenes Fahrsicherheitstraining gehandelt. Bereits nach dem allgemeinen Wortverständnis setze das Vorliegen eines Fahrsi­cher­heits­trainings die Anwesenheit zumindest einer Person voraus, welche die Teilnahme am Training anleite, das Fahrverhalten der Teilnehmer beobachte und Hinweise gebe, um festgestellte Fahrfehler zu vermeiden bzw. das Fahrverhalten zu optimieren. An der Anwesenheit einer solchen Person als „Trainer“ fehle es aber bereits nach dem Sachvortrag der Klägerin.

Versicherung kann sich hinsichtlich Schaden­s­er­satz­ansprüchen für Leitplanke nicht mit Erfolg auf Ausschluss­klausel berufen

Die Klägerin könne allerdings Freistellung von den Schaden­s­er­satz­ansprüchen bezüglich der Leitplanke aufgrund des Vertrages zur Haftpflicht­ver­si­cherung verlangen. Hier könne sich die beklagte Versicherung nicht mit Erfolg auf die Ausschluss­klausel im Haftpflicht­ver­si­che­rungs­vertrag berufen, denn sie habe den ihr insoweit obliegenden Beweis, dass es bei der Veranstaltung des Deutschen Sport­fah­rer­kreises auf die Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit angekommen sei, nicht führen können. Zwar bestünden für das Oberlan­des­gericht keine Zweifel daran, dass bei einer Veranstaltung der vorliegenden Art die eingesetzten Kraftfahrzeuge einem gesteigertem Risiko unterlägen und das Fahrverhalten der Teilnehmer - etwa durch Ausbremsen anderer Teilnehmer, Rechtsüberholen, Windschat­ten­fahren - vielfach den Anforderungen der StVO nicht gerecht würde. Jedoch sei unstreitig keine Wertung, Platzierung und Zeitmessung erfolgt. Dass es den Teilnehmern zweifelsohne auch um die Erzielung möglichst hoher Geschwin­dig­keiten gehen könne, sei bei der gebotenen engen Auslegung einer Ausschluss­klausel nicht ausreichend. Die Veranstaltung habe auch keine „zugehörige Übungsfahrt“ dargestellt, insoweit müsse eine vom Veranstalter organisierte Übungsfahrt zu einem bestimmten Rennen vorliegen, das sei hier nicht der Fall gewesen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18171

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI