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- Amtsgericht Mannheim, sonstiges24.02.2015, MAN 008 GRG 83/2015
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss01.06.2015
Kauf einer Eigentumswohnung durch Testamentsvollstrecker eines minderjährigen Erben bedarf keiner familienrechtlichen GenehmigungMinderjährige ausreichend durch Regeln der Testamentsvollstreckung geschützt
Wird das Erbe eines Minderjährigen unter der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers gestellt, so kann dieser für den minderjährigen Erben eine Eigentumswohnung kaufen. Einer Genehmigung des Familiengerichts oder des minderjährigen Erbens bedarf es dafür nicht. Denn der Erbe ist ausreichend durch die Regeln der Testamentsvollstreckung geschützt. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein minderjähriges Kind wurde Alleinerbe seines im Mai 2012 verstorbenen Vaters. Die Verwaltung des Erbes übernahm ein Testamentsvollstrecker. Dieser beabsichtigte im August 2014 den Kauf einer Eigentumswohnung für den minderjährigen Erben. Während die Mutter damit einverstanden war, verlangte das Amtsgericht Mannheim, in seiner Eigenschaft als Grundbuchamt, aus Gründen des Minderjährigenschutzes sowohl die Zustimmung des Familiengerichts als auch des Erben. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde eingelegt.
Vollzug des Kaufvertrags erfordert keine Genehmigung durch Familiengericht
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass der Vollzug des Kaufvertrags über die Eigentumswohnung keine Genehmigung des Familiengerichts erfordere. Soweit das Amtsgericht auf § 1821 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 BGB verwies, hielt das Oberlandesgericht diese Regelungen für nicht anwendbar. Denn sie betreffen nur Rechtsgeschäfte, die ein Vormund im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht hinsichtlich des Mündelvermögens vornehme. Sie gelten somit nicht für einen Testamentsvollstrecker.
Keine Genehmigungspflicht durch minderjährigen Erben
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei zudem nicht gemäß § 2206 Abs. 2 BGB die Genehmigung des minderjährigen Erben erforderlich gewesen. Denn die Vorschrift diene allein dazu, das Haftungsrisiko des Testamentsvollstreckers zu verringern. Durch die notfalls einklagbare Einwilligung des Erben könne der Testamentsvollstrecker sein Handeln absichern. Aus der Vorschrift lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass es nach außen einer Genehmigung durch den Erben bedürfe.
Gewährsleitung des Minderjährigenschutzes durch Regeln der Testamentsvollstreckung
Das Oberlandesgericht erkannte zwar an, dass der Kauf der Eigentumswohnung durch den Testamentsvollstrecker dazu führe, dass der minderjährige Erbe bei Erreichen der Volljährigkeit mit Verbindlichkeiten belastet werde, denen weder er noch das Familiengericht zugestimmt habe. So müsse er zum Beispiel die Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Verwaltung anteilig tragen. Die Belastungen seien aber nicht Folge der Minderjährigkeit, sondern der gesetzlichen Ausgestaltung des Amts des Testamentsvollstreckers. Seine Befugnisse treffen sowohl den minderjährigen als auch den volljährigen Erben. Beide werden ausreichend dadurch geschützt, dass sie nur berechtigt eingegangene Verbindlichkeiten gegen sich gelten lassen müssen und dass sie ihre Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten beschränken können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2015
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)
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