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Dokument-Nr. 2226

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Beschluss13.03.2006Oberlandesgericht Karlsruhe1 Ws 103/05
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss13.03.2006

Keine Tätowierung von Mitgefangenen im Strafvollzug

Die in Nordbaden gelegene Justiz­voll­zugs­anstalt hatte im Dezember 2004 gegen den Strafgefangenen eine Diszi­pli­n­a­r­maßnahme von vier Tagen Arrest verhängt, weil er mehrfach Mitgefangene in der Anstalt auf deren Wunsch tätowiert hatte. Den gegen seine Verbringung in die Arrestzelle gerichteten Antrag wies die Straf­voll­stre­ckungs­kammer des Landgerichts Karlsruhe im April 2005 zurück, weil es in dem Verhalten des Strafgefangenen einen Verstoß gegen die Anstaltsordnung sah.

Ebenso sah es nun das Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe. Bei der ohne Genehmigung der Anstalt durchgeführten Tätowierung von Mitgefangenen handele es sich um eine schwere Verfehlung (§ 103 Abs. 2 StVollzG). Solche Eingriffe könnten die Verhängung eines Arrestes rechtfertigen, weil hierdurch das geordnete Zusammenleben in der Anstalt beträchtlich gefährdet werde. Bei dem Gebrauch von nicht sterilen Tätowie­rungs­werk­zeugen durch Laien bestehe nämlich eine erhebliche Infek­ti­o­ns­gefahr, die zu Krankheiten wie Hepatitis, Tetanus oder Aids führen könne. Die Vollzugsanstalt sei aber verpflichtet, für die Gesundheit der Gefangenen zu sorgen. Dass die Mitgefangenen mit den Eingriffen in ihre körperliche Integrität einverstanden seien oder Tätowierungen sogar ausdrücklich wünschten, rechtfertige keine andere Beurteilung.

Ob der Strafgefangene den Arrest nun verbüßen muss, steht allerdings noch nicht fest. Da die Anstalt vor der Anordnung des Arrestes den Arzt nicht zu dem Gesund­heits­zustand des Strafgefangenen angehört hatte (§ 106 Abs. 2 StVollzG), muss dies zuerst nachgeholt werden. Der Senat hat deshalb die getroffenen Entscheidungen aus formalen Gründen aufgehoben.

Erläuterungen

Hinweis auf die Rechtslage:

StVollzG § 102 Diszi­pli­n­a­r­maß­nahmen

(1) Verstößt ein Gefangener schuldhaft gegen Pflichten, die ihm durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, kann der Anstaltsleiter gegen ihn Diszi­pli­n­a­r­maß­nahmen anordnen.

StVollzG § 103 Arten der Diszi­pli­n­a­r­maß­nahmen

(1) Die zulässigen Diszi­pli­n­a­r­maß­nahmen sind:

1. Verweis,

2. die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld und des Einkaufs bis zu drei Monaten,

3. die Beschränkung oder der Entzug des Lesestoffs bis zu zwei Wochen sowie des Hörfunk- und Fernsehempfangs bis zu drei Monaten; der gleichzeitig Entzug jedoch nur bis zu zwei Wochen,

4. die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für eine Beschäftigung in der Freizeit oder der Teilnahme an gemein­schaft­lichen Veranstaltungen bis zu drei Monaten,

5. die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,

6. (weggefallen)

7. der Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung bis zu vier Wochen unter Wegfall der in diesem Gesetz geregelten Bezüge,

8. die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten,

9. Arrest bis zu vier Wochen.

(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

StVollzG § 106 Verfahren

(2) Bei schweren Verstößen soll der Anstaltsleiter sich vor der Entscheidung in einer Konferenz mit Personen besprechen, die bei der Behandlung des Gefangenen mitwirken. Vor der Anordnung einer Diszi­pli­n­a­r­maßnahme gegen einen Gefangenen, der sich in ärztlicher Behandlung befindet, oder gegen eine Schwangere oder eine stillende Mutter ist der Anstaltsarzt zu hören.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 13.04.2006

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