18.10.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss08.08.2005

Fahrverbot für besorgten Vater?Ausnahme von Verhängung eines Fahrverbots bei Geschwin­dig­keits­über­schreitung wegen Sorge um verunglücktes Kind

Der Betroffene hatte im April 2004 eine Straße in einer "30-km/h Zone" bei Karlsruhe mit einer Geschwindigkeit von 61 km/h befahren und war dabei in eine dort eingerichtete Geschwin­dig­keits­kon­trolle geraten. Die Bußgeldbehörde der Stadt Karlsruhe erließ daraufhin einen Bußgeldbescheid in Höhe von 125 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot, weil er innerorts die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit um 31 km/h überschritten hatte.

In der auf seinen Einspruch hin durchgeführten Haupt­ver­handlung vor dem Amtsgericht Karlsruhe im April 2005 brachte der Betroffene vor, er sei kurz zuvor über einen Sturz seines an einem "Down-Syndrom" erkrankten Kindes unterrichtet worden und habe aus Sorge um dieses bei seiner sofortigen Heimfahrt die aufgestellten Zonen­be­gren­zungs­schilder übersehen. Diese Entschuldigung hat das Amtsgericht nicht gelten lassen und die von der Bußgeldbehörde getroffene Entscheidung bestätigt, zumal der Betroffene auch schon früher mehrfach Geschwin­dig­keits­über­schrei­tungen begangen hatte.

Die Rechts­be­schwerde des Betroffenen hatte nun vorläufigen Erfolg. Das Amtsgericht Karlsruhe muss das Verfahren erneut verhandeln und den Sachverhalt umfassend aufklären.

Der 1. Bußgeldsenat des OLG Karlsruhe hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass eine die Anordnung eines Fahrverbots im Regelfall rechtfertigende grobe Verletzung der Pflichten eines Kraft­fahr­zeug­führers ausnahmsweise dann nicht vorliege, wenn ein Vater zu seinem verunfallten Kind eile und dabei Straßen­ver­kehrs­regeln überschreite, denn dieser handele nicht aus grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleich­gül­tigkeit, sondern aus Sorge um das Leben oder die Gesundheit des Kindes. Allerdings vermöge nicht jeder Hilferuf eine solche Beurteilung zu rechtfertigen, vielmehr sei dies nur dann der Fall, wenn eine sofortige Hilfeleistung durch den Vater zwingend erforderlich ist und/oder dieser vom Vorliegen einer solchen Gefah­ren­si­tuation ausgehen darf.

Ob dies vorliegend der Fall war, muss das Amtsgericht Karlsruhe nun in einer neuen Haupt­ver­handlung klären. Dabei hat der Senat betont, dass sich das Amtsgericht nicht mit der bloßen Einlassung des Betroffenen zum Vorliegen einer solchen "notstand­s­ähn­lichen Situation" begnügen dürfe, sondern diese anhand weiterer Beweismittel überprüfen und kritisch hinterfragen müsse. Solle nämlich vom Regelfall der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden, so bedürfe es wegen der grundsätzlich gebotenen Gleich­be­handlung aller Verkehrs­teil­nehmer einer besonders eingehenden und sorgfältigen Überprüfung der Einlassung eines Betroffenen, um das missbräuchliche Behaupten eines solchen Ausnahmefalles auszuschließen.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 12.08.2005

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