18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 16527

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Urteil30.10.2012Oberlandesgericht HammI-24 U 38/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2013, 1652Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2013, Seite: 1652
  • NJW-RR 2013, 802Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 802
  • NZM 2013, 703Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 703
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Vorinstanz:
  • Landgericht Münster, Urteil06.01.2012, 10 O 260/11
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil30.10.2012

Sturz über Licht­schachtkante: Verunfallte Person hat wegen eigener Unachtsamkeit keinen Anspruch auf SchmerzensgeldErkennbare Gefahrenlagen erfordern eine besondere Vorsicht des Fußgängers

Stürzt ein Passant wegen eigener Unachtsamkeit über die Kante eines Kellerlicht­schachtes, so haftet der Hauseigentümer nicht wegen einer Verkehrs­sicherungs­pflicht­ver­letzung. Denn eine erkennbare Gefahrenlage muss mit besonderer Vorsicht begegnet werden. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine Passantin gegen einen Hauseigentümer auf Schmerzensgeld wegen eines erlittenen Bruchs des rechten Oberarms. Sie behauptete, dass sie am Abend des 28. Februars 2010 über eine Kante des zum Haus des Beklagten gehörenden Keller­licht­schachtes gestolpert sei, da die Umrandung des Lichtschachtes mindestens 3 cm aus dem Boden herausgeragt habe. Die Fußgängerin führte weiter aus, dass sie angesichts des Sturms an der Hauswand entlang lief. Der Unfallbereich sei zudem stockdunkel gewesen. Der Hauseigentümer bestritt wiederum den Sturz über die Licht­schachtkante und wies daraufhin, dass aufgrund einer Straßenlaterne der Unfallbereich ausgeleuchtet gewesen sei.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Münster hielt die Angaben der Fußgängerin für zutreffend und gab der Klage im Wesentlichen statt. Es sprach der Klägerin unter Berück­sich­tigung eines hälftigen Mitver­schul­den­santeil ein Schmerzensgeld von 3.000 € zu. Seiner Ansicht nach habe der Hauseigentümer seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt. Er habe den Höhen­un­ter­schied einebnen und daher die Gefahrenquelle beseitigen müssen. Gegen die Entscheidung legte der Hauseigentümer Berufung ein.

Anspruch auf Schmerzensgeld bestand nicht

Das Oberlan­des­gericht Hamm hob das Urteil des Landgerichts auf. Der verunfallten Fußgängerin habe kein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden, da der Hauseigentümer seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht verletzt habe. Vielmehr sei der Sturz auf die Unachtsamkeit der Klägerin zurückzuführen gewesen.

Inhalt der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht bestimmt sich nach Einzelfall

Zwar sah es das Oberlan­des­gericht als zutreffend an, dass der Hauseigentümer für das Gebäude und die Grund­s­tücks­fläche grundsätzlich verkehrs­si­che­rungs­pflichtig ist. Er müsse auch damit rechnen, dass Fußgänger den eigentlichen Gehweg vor seinem Haus verlassen und die gepflasterte Grund­s­tücks­fläche vor der Hauswand benutzen. Jedoch sei der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtige nicht für jede noch so geringe Bodenunebenheit verantwortlich. Denn Zweck der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht sei es nicht, die Passanten vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Zudem gebe es keine "Bagatellgrenze" dergestalt, dass Bodenu­neben­heiten bis zu einer Höhe von 2 cm hinzunehmen sind. Vielmehr komme es maßgeblich auf die Besonderheiten der Sturzsituation und der örtlichen Verhältnisse an.

Gefahrenstelle war hier erkennbar

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze habe nach Auffassung des Gerichts keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorgelegen. Zwar habe zum Unfallzeitpunkt Sturm und Regen geherrscht. Der Lichtschacht sei aber dennoch deutlich zu erkennen gewesen. Denn zum einen habe eine Straßenlaterne den Unfallbereich jedenfalls geringfügig ausgeleuchtet. Zum anderen sei der Bereich des Lichtschachts durch die baulich unter­schiedliche Gestaltung der Pflasterung mit abweichender Farbgestaltung vom eigentlichen Gehweg abgetrennt gewesen.

Fehlende Sorgfalt der Passantin

Für das Gericht war es zudem nicht nachvollziehbar, dass die Passantin sich in dem nach eigenen Angaben stockdunklen Bereich direkt vor der Hauswand begibt, ohne sich mit besonderer Sorgfalt vorzutasten. Darüber hinaus habe sich an der Hauswand kein Vordach oder sonstiger Regenschutz befunden. Der Hauseigentümer habe daher im Falle absoluter Dunkelheit nicht damit rechnen müssen, dass sich Passanten ohne die nötige Sorgfalt dorthin begeben. Er habe sich darauf verlassen dürfen, dass Passanten bei zumutbarer Wahrung der eigenen Sicherheit den Keller­licht­schacht nicht übersehen werden. Außerdem sei zu berücksichtigen gewesen, dass ein Herausragen der Umrandung eines Lichtschachtes üblich ist.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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