Oberlandesgericht Hamm Urteil12.04.2022
Lohnender Streifschaden mit geringen Verletzungsrisiko unter Einsatz alter Fahrzeuge sowie zwei Unfallereignisse innerhalb von zwei Wochen sprechen allein nicht für eine UnfallmanipulationErforderlichkeit weiterer für Manipulation sprechender Indizien
Allein ein lohnender Streifschaden mit geringem Verletzungsrisiko unter Einsatz von alten Fahrzeugen sowie zwei Unfallereignisse innerhalb von zwei Wochen deutet für sich genommen nicht auf eine Unfallmanipulation hin. Vielmehr müssen weitere für eine Manipulation sprechende Indizien hinzukommen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2018 entstand bei einem auf einem Seitenstreifen abgestellten hochwertigen Fahrzeug ein Streifschaden an der linken Fahrzeugseite. Der Unfall ereignete sich in einem Wohngebiet am helllichten Tag. Der Unfallverursacher gab gegenüber der hinzugezogenen Polizei als Grund für den Streifschaden an, dass er einem entgegenkommenden Fahrzeug habe ausweichen müssen. Der Unfallgeschädigte rechnete schließlich den Schaden fiktiv ab. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ging von einer Unfallmanipulation aus und weigerte sich daher zu zahlen. Zur Begründung führte sie mehrere Indizien an, wie den Umstand, dass ein hochwertiges Fahrzeug beschädigt wurde, der Schaden sich preisgünstig optisch beseitigen lasse, der Schaden fiktiv abgerechnet wurde, das Schädigerfahrzeug praktisch wertlos sei, kein Verletzungsrisiko bestanden habe und der Unfallverursacher zwei Wochen zuvor schon einen Streifschaden bei einem Luxusfahrzeug verursacht hatte. Der Unfallgeschädigte ließ dies nicht gelten und erhob Klage.
Landgericht gab Klage statt
Das Landgericht Bielefeld folgte nicht der Argumentation der Beklagten und gab der Schadensersatzklage daher statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.
Oberlandesgericht verneint ebenfalls Vorliegen einer Unfallmanipulation
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Die von der Beklagten vorgetragenen Umstände sprechen allein nicht für die Annahme eines fingierten Schadensereignisses. Denn weitere für eine Unfallmanipulation sprechende Indizien fehlen. Solche seien etwa ein Unfall zur Nachtzeit an einem entlegenen Ort, an dem mit Zeugen nicht zu rechnen ist. Des weiteren der Umstand, dass die Polizei trotz eines erheblichen Sachschadens nicht hinzugezogen wird und schließlich insbesondere eine - vor allem verheimlichte - persönliche Bekanntschaft zwischen den Unfallbeteiligten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.04.2025
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)