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Oberlandesgericht Hamm Urteil30.01.2015
Altersbestimmung eines Mündels per Röntgenuntersuchung zulässigErgebnisse eines rechtsmedizinischen Gutachtens nach Zustimmung des Betroffenen zur Röntgenuntersuchung gerichtlich verwertbar
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass in einer Vormundschaftssache das Alter des betroffenen Mündels mit einer Röntgenuntersuchung bestimmt werden darf, wenn das anwaltlich vertretene Mündel in die ärztliche Untersuchung einwilligt.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das betroffene Mündel, eine junge Frau aus Guinea, reiste im Februar 2012 in das Bundesgebiet ein und wurde vom Jugendamt Dortmund in Obhut genommen. Diesem gegenüber gab sie an, im April 1997 in Mamaoun (Guinea) geboren worden zu sein. Im Februar 2012 sei sie als 14-Jährige ohne Begleitung mit dem Flugzeug an unbekannter Stelle ins Bundesgebiet eingereist. Ausgehend hiervon ordnete das Amtsgericht die Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt zum Vormund.
Ausländerbehörde teilt Registrierung der Betroffenen mit anderem Geburtsdatum in Belgien mit
Wenige Monate später teilte die zentrale Ausländerbehörde mit, die Betroffene sei bereits vor ihrer Einreise nach Deutschland unter Vorlage eines Passes mit einem Geburtsdatum aus dem Jahre 1989 und einer vermerkten Eheschließung in Belgien registriert worden.
Betroffene wollte sich mit den in Belgien vorgelegten Papiere vor Zwangsheirat schützen
In dem daraufhin zur Aufhebung der Vormundschaft eingeleiteten gerichtlichen Verfahren gab die Betroffene an, dass die in Belgien vorgelegten Papiere falsch und nur hergestellt worden seien, um sie, die Betroffene, vor einer Zwangsverheiratung durch ihren Vater zu schützen.
Vom Amtsgericht beschlossene rechtsmedizinische Untersuchung belegt Volljährigkeit der Betroffenen
Im gerichtlichen Verfahren hat die anwaltlich vertretene Betroffene einer ärztlichen Untersuchung zum Zwecke ihrer Altersbestimmung zugestimmt. Das Amtsgericht hat daraufhin die Einholung eines Sachverständigengutachtens über das Alter der Betroffenen beschlossen und klargestellt, dass im Rahmen der Begutachtung auch Röntgenbilder gefertigt werden können. Bei der rechtsmedizinischen Begutachtung ist das Alter der Betroffenen anhand der angefertigten Röntgenbilder - bezogen auf den Untersuchungszeitpunkt im April 2013 - mit mindestens 19,5 Jahren festgestellt worden. Die vom Amtsgericht sodann aufgrund festgestellter Volljährigkeit aufgehobene Vormundschaft hat die Betroffene mit der Beschwerde angefochten und gemeint, dass das rechtsmedizinische Gutachten nicht verwertet werden dürfe, weil sie unter Verstoß gegen § 25 der Röntgenverordnung geröntgt worden sei.
Beschwerde gegen angeblich unzulässiges rechtsmedizinisches Gutachten erfolglos
Die Beschwerde der Betroffenen ist erfolglos geblieben. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist die Vormundschaft für die Betroffene aufzuheben, weil die Betroffene nach dem maßgeblichen guineischen Recht spätestens mit Ablauf des 31. Oktober 2014 bereits 21 Jahre alt und damit volljährig geworden sei.
In Röntgenuntersuchung kann auch zwecks Altersbestimmung eingewilligt werden
Das ergebe sich aus dem rechtsmedizinischen Gutachten zur Altersbestimmung der Betroffenen, das auch hinsichtlich der Befunde der Röntgenuntersuchungen verwertbar sei. Zwar dürfe gemäß § 25 RöntgenVO eine Röntgenstrahlung am Menschen nur in Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde, in medizinischer Forschung oder in sonstigen durch das Gesetz vorgesehenen Fällen angewendet werden. Dass sie auch zur Altersbestimmung angewendet werde, sehe das Gesetz nicht vor. Die Regelung der Röntgenverordnung diene aber allein dem Schutz des zu Untersuchenden, der - weil das Recht auf körperliche Unversehrtheit disponibel sei - in eine Röntgenuntersuchung auch zur Altersbestimmung einwilligen könne.
Betroffene hatte wirksam in Röntgenuntersuchung eingewilligt
Eine solche Einwilligung habe die Betroffene wirksam erklärt. Der ärztlichen Untersuchung habe die anwaltlich vertretene Betroffene ausdrücklich zugestimmt, die in diesem Rahmen angeordnete Röntgenuntersuchung ohne weiteren Kommentar zugelassen. Bei dieser Sachlage habe das Oberlandesgericht auch keine Anhaltspunkte für eine Zwangslage der Betroffenen bei der Erteilung ihrer Einwilligung in die Röntgenuntersuchungen. Deren Ergebnisse seien gerichtlich verwertbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.04.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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