14.11.2024
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Dokument-Nr. 20934

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Oberlandesgericht Hamm Urteil30.01.2015

Alters­be­stimmung eines Mündels per Röntgen­un­ter­suchung zulässigErgebnisse eines rechts­me­di­zi­nischen Gutachtens nach Zustimmung des Betroffenen zur Röntgen­un­ter­suchung gerichtlich verwertbar

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat entschieden, dass in einer Vormund­schaftssache das Alter des betroffenen Mündels mit einer Röntgen­un­ter­suchung bestimmt werden darf, wenn das anwaltlich vertretene Mündel in die ärztliche Untersuchung einwilligt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das betroffene Mündel, eine junge Frau aus Guinea, reiste im Februar 2012 in das Bundesgebiet ein und wurde vom Jugendamt Dortmund in Obhut genommen. Diesem gegenüber gab sie an, im April 1997 in Mamaoun (Guinea) geboren worden zu sein. Im Februar 2012 sei sie als 14-Jährige ohne Begleitung mit dem Flugzeug an unbekannter Stelle ins Bundesgebiet eingereist. Ausgehend hiervon ordnete das Amtsgericht die Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt zum Vormund.

Auslän­der­behörde teilt Registrierung der Betroffenen mit anderem Geburtsdatum in Belgien mit

Wenige Monate später teilte die zentrale Auslän­der­behörde mit, die Betroffene sei bereits vor ihrer Einreise nach Deutschland unter Vorlage eines Passes mit einem Geburtsdatum aus dem Jahre 1989 und einer vermerkten Eheschließung in Belgien registriert worden.

Betroffene wollte sich mit den in Belgien vorgelegten Papiere vor Zwangsheirat schützen

In dem daraufhin zur Aufhebung der Vormundschaft eingeleiteten gerichtlichen Verfahren gab die Betroffene an, dass die in Belgien vorgelegten Papiere falsch und nur hergestellt worden seien, um sie, die Betroffene, vor einer Zwangs­ver­hei­ratung durch ihren Vater zu schützen.

Vom Amtsgericht beschlossene rechts­me­di­zi­nische Untersuchung belegt Volljährigkeit der Betroffenen

Im gerichtlichen Verfahren hat die anwaltlich vertretene Betroffene einer ärztlichen Untersuchung zum Zwecke ihrer Alters­be­stimmung zugestimmt. Das Amtsgericht hat daraufhin die Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens über das Alter der Betroffenen beschlossen und klargestellt, dass im Rahmen der Begutachtung auch Röntgenbilder gefertigt werden können. Bei der rechts­me­di­zi­nischen Begutachtung ist das Alter der Betroffenen anhand der angefertigten Röntgenbilder - bezogen auf den Unter­su­chungs­zeitpunkt im April 2013 - mit mindestens 19,5 Jahren festgestellt worden. Die vom Amtsgericht sodann aufgrund festgestellter Volljährigkeit aufgehobene Vormundschaft hat die Betroffene mit der Beschwerde angefochten und gemeint, dass das rechts­me­di­zi­nische Gutachten nicht verwertet werden dürfe, weil sie unter Verstoß gegen § 25 der Röntgen­ver­ordnung geröntgt worden sei.

Beschwerde gegen angeblich unzulässiges rechts­me­di­zi­nisches Gutachten erfolglos

Die Beschwerde der Betroffenen ist erfolglos geblieben. Nach der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm ist die Vormundschaft für die Betroffene aufzuheben, weil die Betroffene nach dem maßgeblichen guineischen Recht spätestens mit Ablauf des 31. Oktober 2014 bereits 21 Jahre alt und damit volljährig geworden sei.

In Röntgen­un­ter­suchung kann auch zwecks Alters­be­stimmung eingewilligt werden

Das ergebe sich aus dem rechts­me­di­zi­nischen Gutachten zur Alters­be­stimmung der Betroffenen, das auch hinsichtlich der Befunde der Röntgen­un­ter­su­chungen verwertbar sei. Zwar dürfe gemäß § 25 RöntgenVO eine Röntgen­strahlung am Menschen nur in Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde, in medizinischer Forschung oder in sonstigen durch das Gesetz vorgesehenen Fällen angewendet werden. Dass sie auch zur Alters­be­stimmung angewendet werde, sehe das Gesetz nicht vor. Die Regelung der Röntgen­ver­ordnung diene aber allein dem Schutz des zu Untersuchenden, der - weil das Recht auf körperliche Unversehrtheit disponibel sei - in eine Röntgenuntersuchung auch zur Alters­be­stimmung einwilligen könne.

Betroffene hatte wirksam in Röntgen­un­ter­suchung eingewilligt

Eine solche Einwilligung habe die Betroffene wirksam erklärt. Der ärztlichen Untersuchung habe die anwaltlich vertretene Betroffene ausdrücklich zugestimmt, die in diesem Rahmen angeordnete Röntgen­un­ter­suchung ohne weiteren Kommentar zugelassen. Bei dieser Sachlage habe das Oberlan­des­gericht auch keine Anhaltspunkte für eine Zwangslage der Betroffenen bei der Erteilung ihrer Einwilligung in die Röntgen­un­ter­su­chungen. Deren Ergebnisse seien gerichtlich verwertbar.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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