18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 22729

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Beschluss10.09.2015Oberlandesgericht Hamm4 UF 13/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FuR 2016, 180Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2016, Seite: 180
  • MDR 2015, 1137Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 1137
  • NJW 2015, 3588Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 3588
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Dortmund, Beschluss21.11.2014, 115 F 5820/13
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Beschluss10.09.2015

Kein Anspruch auf Kindesunterhalt des erwer­b­s­un­fähigen Kindes aufgrund Nichtstellung des Antrags auf GrundsicherungVerstoß gegen Obliegenheit zur Antragstellung führt zur Anrechnung fiktiver, bedarfs­de­ckender Einkünfte aus Sozialhilfe

Ist ein Kind aufgrund einer Erkrankung in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten und ist eine Behebung dieses Zustandes voraussichtlich nicht vor Ablauf von drei Jahren zu erwarten (sog. Erwer­b­s­un­fä­higkeit), so muss das Kind einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Kommt das erwerbsunfähige Kind dieser Obliegenheit nicht nach, führt dies zur Anrechnung fiktiver und bedarfs­de­ckender Einkünfte aus Sozialhilfe. Ein Anspruch auf Kindesunterhalt entfällt dann. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund eines Vergleichs war der Vater einer Tochter verpflichtet bis Juni 2013 Kindesunterhalt zu zahlen. Im Juli 2012 erwarb die nunmehr 19-jährige Tochter den Haupt­schul­ab­schluss und beabsichtigte anschließend den Realschul­ab­schluss zu erwerben. Sie meldete sich daher für das Schuljahr 2012/2013 an einer Berufs­fach­schule an. Da die Tochter jedoch in der Folgezeit an schweren Depressionen litt, konnte sie den Schulbesuch nicht wahrnehmen. Dennoch verlangte sie von ihrem Vater Kindesunterhalt über den Zeitraum von Juni 2013 hinaus. Dieser weigerte sich dem nachzukommen, so dass der Fall vor Gericht kam. Das Amtsgericht Dortmund bejahte einen Anspruch auf Kindesunterhalt. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Vaters.

Kein Anspruch auf Kindesunterhalt

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Vaters und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Der Tochter habe kein Anspruch auf Kindesunterhalt zugestanden, da sie nicht bedürftig gewesen sei. Es sei insofern zu beachten gewesen, dass sie ihren Bedarf durch vorrangige Leistungen aus der Grundsicherung habe decken können und müssen.

Anspruch auf Sozialhilfe aufgrund Erwer­b­s­un­fä­higkeit

Die Tochter habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts einen Anspruch auf Sozialhilfe aufgrund dauerhafter Erwerbsunfähigkeit zugestanden. Dieser Anspruch sei gegenüber dem Unter­halts­an­spruch grundsätzlich vorrangig. Eine dauerhafte Erwer­b­s­un­fä­higkeit liege vor, wenn eine Person wegen Krankheit oder Behinderung in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten und eine Behebung dieses Zustandes voraussichtlich nicht vor Ablauf von drei Jahren zu erwarten ist (vgl. § 41 Abs. 1 SGB XII, § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Dies sei hier angesichts der Erkrankung der Tochter der Fall gewesen.

Wegfall des Unter­halts­an­spruchs infolge Anrechnung fiktiver Einkünfte aus Sozialhilfe

Für eine unter­halts­be­rechtigte Person bestehe die Obliegenheit Grund­si­che­rungs­leis­tungen in Anspruch zu nehmen, so das Oberlan­des­gericht. Werde diese Obliegenheit verletzt, so führe dies zur Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Grundsicherung. Dies habe im vorliegenden Fall dazu geführt, dass der Tochter kein Anspruch auf Kindesunterhalt zugestanden habe. Der Anspruch auf Sozialhilfe infolge Erwer­b­s­un­fä­higkeit habe ihren Bedarf vollständig decken können.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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