18.10.2024
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Sie sehen die Ausrüstung eines Polizisten.

Dokument-Nr. 29732

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Urteil23.11.2020Oberlandesgericht Hamm3 RVs 47/20
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Bielefeld, Urteil23.09.2019
  • Landgericht Bielefeld, Urteil17.06.2020, 05 Ns 85/19
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil23.11.2020

Keine strafrechtliche Verant­wort­lichkeit des Gebäu­de­ei­gen­tümers für von Dritten an sein Haus angebrachte Kennzeichen verbotener VereinePolitische Einstellung des Gebäu­de­ei­gen­tümers unerheblich

Ein Gebäu­de­ei­gentümer macht sich nicht wegen Unterlassens strafbar, wenn er ein von Dritten an sein Haus angebrachtes Kennzeichen eines verbotenen Vereins nicht entfernt. Dabei spielt es keine Rolle, welche politische Einstellung der Gebäu­de­ei­gentümer hat. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 1994 wurde an ein Haus in Niedersachsen ein ca. 2 x 3 Meter großes Bild angebracht. Dieses zeigte das Portrait eines beim Aufkleben von Plakaten für die PKK von einem Polizisten erschossenen Mannes. Zudem war auf dem Bild die Flagge einer zwischen­zeitlich verbotenen Terrororganisation der PKK abgebildet. Das Haus gehörte einem Verein. Erst ab dem Jahr 2018 wurde das Bild von den Behörden als problematisch angesehen. Der Vereins­vor­sitzende wurde aufgefordert das Bild zu entfernen. Nachdem sich dieser dem verweigerte, wurde er wegen Verwendens eines Kennzeichens eines verbotenen Vereins durch Unterlassen vom Amtsgericht Bielefeld zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen richtete sich die Berufung des Angeklagten. Er wies eine strafrechtliche Verantwortung für das Bild zurück. Er sei erst im Jahr 2013 Vorsitzender des Vereins geworden.

Landgericht sprach Angeklagten frei

Das Landgericht Bielefeld sprach den Angeklagten frei. Ihm treffe keine strafrechtlich bewehrte Garantenpflicht zur Beseitigung des Bildes. Weder habe er das Bild selbst angefertigt noch sei er zum Zeitpunkt der Anfertigung in einer verant­wort­lichen Position innerhalb des Vereins gewesen. Gegen diese Entscheidung richtete sich nunmehr die Revision der Staats­an­walt­schaft. Sie führte an, dass für die Strafbarkeit entscheidend sei, aus welchen Grund der Angeklagte das Bild weiterhin duldet.

Oberlan­des­gericht verneint ebenfalls Strafbarkeit wegen Unterlassens

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Den Angeklagten treffe ohne jeglichen Zweifel keine Garantenpflicht dahingehend, das im Jahr 1994 angebrachte Bild zu entfernen. Ein Gebäudeeigentümer sei grundsätzlich nicht verpflichtet, Gefahren entge­gen­zu­wirken, die etwa erst durch Missbrauch des Gebäudes durch Dritte hervorgerufen werden, so dass er beispielsweise nicht verpflichtet sei, beleidigende Parolen an seinem Haus zu beseitigen, die ein anderer dort angebracht hat.

Politische Einstellung des Vereins­vor­sit­zenden unerheblich

Soweit die Staats­an­walt­schaft entscheidend auf den Grund der Duldung des Bildes abstellen wollte, erteilte das Oberlan­des­gericht dem eine Absage. Dies würde nämlich im Ergebnis bedeuten, dass die Strafbarkeit des Angeklagten von dessen Einstellung bzw. die politische Ausrichtung des von ihm vertretenen Vereins abhängen soll. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass letztendlich eine Gesinnung pönalisiert werden würde. Die politische Ausrichtung des Vereins, mithin die Gesinnung des Vereins bzw. dessen Mitglieder und des Angeklagten, soll darüber entscheiden, ob das Unterlassen des Entfernens des Bildes zur Strafbarkeit des Angeklagten führt. Dies widerspreche eindeutig den Werten des Grundrechts.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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