21.11.2024
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Dokument-Nr. 24403

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Hinweisbeschluss27.02.2015Oberlandesgericht Hamm20 U 26/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • VersR 2015, 1551Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2015, Seite: 1551
  • zfs 2015, 572Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 572
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Vorinstanz:
  • Landgericht Münster, Urteil, 115 O 71/14
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Hinweisbeschluss27.02.2015

Versi­che­rungs­nehmer muss bei Vertragsschluss zur Dread-Disease-Versicherung nicht ungefragt über unbestätigte Verdachts­dia­gnosen aufklärenSpontane Anzeigepflicht durch § 19 Abs. 1 VVG abgeschafft

Ein Versi­che­rungs­nehmer muss bei Abschluss einer Dread-Disease-Versicherung nicht ungefragt über eine unbestätigte Verdachts­diagnose aufklären. Denn dies würde auf eine Wieder­ein­führung der durch § 19 Abs. 1 des Ver­sicherungs­vertrags­gesetzes (VVG) abgeschafften spontanen Anzeigepflicht hinauslaufen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand zwischen den Parteien einer Dread-Disease-Versicherung Streit über deren Fortbestand. Bei einer Dread-Disease-Versicherung besteht Versi­che­rungs­schutz für den Eintritt von fest definierten schweren Krankheiten des Versi­che­rungs­nehmers. Sie wird daher auch als "Versicherung gegen gefürchtete Krankheiten" oder als "Schwere-Krankheiten-Vorsorge" bezeichnet. Der Versicherer warf der Versi­che­rungs­nehmerin vor im Rahmen der Antragstellung nicht über eine im Jahr 2005 während eines stationären Kranken­haus­auf­enthalts geäußerten Verdachts auf Multiple Sklerose aufgeklärt zu haben. Der Versicherer focht daher den Versi­che­rungs­vertrag im April 2013 wegen arglistiger Täuschung an und trat vom Versi­che­rungs­vertrag wegen Verletzung vorver­trag­licher Anzei­ge­pflichten zurück. Eine Frage zu einer bestehenden Erkrankung wegen Multiple Sklerose stellte der Versi­che­rungs­ver­mittler nicht. Zudem handelte es sich um eine bloße Verdachts­diagnose. Die Versi­che­rungs­nehmerin erhob daher Klage auf Feststellung, dass die Dread-Disease-Versicherung weiter bestehe.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Münster gab der Klage statt und bejahte somit das Bestehen des Versi­che­rungs­vertrags. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherers.

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls Bestehen des Versi­che­rungs­vertrags

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und beabsichtigte daher die Berufung des Versicherers zurückzuweisen. Die Dread-Disease-Versicherung bestehe weiter, da weder die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung noch der Rücktritt wegen Verletzung vorver­trag­licher Anzei­ge­pflichten wirksam gewesen sei.

Keine Aufklä­rungs­pflicht hinsichtlich ungefragter und unbestätigter Verdachts­dia­gnosen

Die Versi­che­rungs­nehmerin sei nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts nicht verpflichtet gewesen über den Verdacht einer Erkrankung wegen Multiple Sklerose aufzuklären. Würde man vom Versi­che­rungs­nehmer verlangen, eine nicht abgefragte und unbestätigte Verdachts­diagnose mitzuteilen, laufe dies auf die Wieder­ein­führung einer weitgehenden spontanen Anzeigepflicht hinaus.

Spontane Anzeigepflicht nur in Ausnahmefällen

Eine spontane Anzeigepflicht könne sich nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts aus Treu und Glauben allenfalls dann ergeben, wenn es sich um die Mitteilung außer­ge­wöhn­licher und besonders grundlegender Informationen handele, die das Aufklä­rungs­in­teresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versi­che­rungs­nehmer ihre Mittei­lungs­be­dürf­tigkeit aufdrängen müsse. Um die mit § 19 Abs. 1 VVG bezweckte Abschaffung der spontanen Anzeigepflicht nicht zu unterlaufen, bedürfe es solcher Gefahrumstände, die so selten und fernliegend seien, dass dem Versicherer nicht vorzuwerfen sei, sie nicht abgefragt zu haben. Dies komme bei unbestätigten Verdachts­dia­gnosen nicht im Ansatz in Betracht.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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