15.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 17908

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Beschluss03.12.2013Oberlandesgericht Hamm2 UF 105/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2014, 350Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 350
  • NJW-RR 2014, 523Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 523
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Beschluss03.12.2013

Unterhalt bei unberechtigten Miss­brauchs­vor­würfen verwirktEhefrau wirft Ex-Ehemann über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch der Tochter vor

Der Unter­halts­an­spruch eines geschiedenen Ehegatten kann verwirkt sein, wenn er dem unterhalts­verpflichteten Ehegatten über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch vorwirft und die Vorwürfe objektiv geeignet sind, den Unterhalts­verpflichteten in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören. Dies entschied das Oberlan­des­gericht und bestätigte insoweit den erstin­sta­nz­lichen Beschluss des Amtsgerichts Dorsten.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die in Dorsten und Essen lebenden Eheleute sind seit dem Jahre 2002 rechtskräftig geschieden. Aus der im Jahre 1980 geschlossenen Ehe sind vier mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung der Eheleute im Jahre 1999 behauptete die Ehefrau im Rahmen der famili­en­ge­richt­lichen Ausein­an­der­setzung, der Ehemann habe die 1993 geborene gemeinsame Tochter sexuell missbraucht. Daraufhin eingeholte Sachver­stän­di­gen­gut­achten kamen 2001 zu dem Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Kindes durch den Vater gibt. In Kenntnis dieses Ergebnisses erklärte die Ehefrau noch im Jahre 2001 gegenüber der Vermieterin des Ehemanns, der Ehemann sei ein "Kinderschänder" und äußerte 2002 gegenüber seiner Lebensgefährtin, er habe pädophile Neigungen. Einen Verdacht, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter missbraucht, teilte sie 2002 zudem dem Jugendamt mit. Wegen dieser Äußerungen verurteilte das Landgericht Duisburg die Ehefrau im Jahre 2003 dazu, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, der Ehemann sei ein Kinderschänder. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wiederholte die Ehefrau 2002 zudem gegenüber zwei ihrer Kinder und sodann 2005 im Rahmen einer zivil­ge­richt­lichen Ausein­an­der­setzung mit dem Ehemann und deutete den Vorwurf 2006 in einem an den Verfah­rens­be­voll­mäch­tigten des Ehemanns gerichteten Schreiben erneut an.

Ehefrau hält Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht für verwirkt

Im anhängigen famili­en­ge­richt­lichen Verfahren hat die Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich über 1.500 Euro verlangt und u.a. gemeint, ihr Anspruch sei nicht verwirkt. Ihre Verdachts­momente für einen sexuellen Missbrauch habe sie äußern dürfen, wahrheitswidrig erhobene Missbrauchs­vorwürfe könnten ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Fehlverhalten vorgeworfen werden, weil sie seinerzeit an Depressionen gelitten habe.

Wiederholt geäußerte Missbrauchs­vorwürfe waren geeignet, familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz des Ehemanns zu zerstören

Das Unter­halts­ver­langen der Ehefrau blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat ihren Anspruch auf Nachschei­dungs­un­terhalt als verwirkt angesehen. Die Ehefrau habe dem Ehemann über Jahre wiederholt zu Unrecht den sexuellen Missbrauch der Tochter vorgeworfen. Nach der Vorlage der Sachver­stän­di­gen­gut­achten stellten ihre Äußerungen gegenüber unbeteiligten Dritten wie der Vermieterin, der Lebensgefährtin, den Kindern und einer Zivilrichterin ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Ehefrau liegendes Fehlverhalten dar. Die wiederholt und über mehrere Jahre ohne tatsächliche Anhaltspunkte auch Dritten gegenüber geäußerten Missbrauchs­vorwürfe seien objektiv geeignet gewesen, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und hätten so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zerstören können. Bei den schon objektiv sehr schwerwiegenden Vorwürfen komme es nicht darauf an, ob sie von der Ehefrau im Zustand einer Schul­d­un­fä­higkeit erhoben worden seien. Bei derart schweren und nachhaltigen Beein­träch­ti­gungen gebiete es die nacheheliche Solidarität auch nicht mehr, einem ggfls. schuldlos handelnden Ehegatten Unterhalt zu gewähren.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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