21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 29244

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Oberlandesgericht Hamm Urteil25.09.2020

Werbevertrag mit nordrhein-westfälischer Großstadt stellt kein Scheingeschäft darStadt hat Anspruch auf Rückerstattung der Zahlungen

Der Werbevertrag einer nordrhein-westfälischen Großstadt mit einem Bochumer Unternehmen stellt kein Scheingeschäft dar. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Die klagende Großstadt aus Nordrhein-Westfalen schloss mit der Beklagten, die ihren Sitz in Bochum hat und sich mit der Überlassung von gesponserten Kraftfahrzeugen an Leistungs­sportler und Funktionäre befasst, im Jahr 2004 einen mit “Werbevertrag“ überschriebenen Vertrag. Mit diesem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, alle über die Kfz-Zulas­sungs­stelle der klagenden Großstadt zugelassenen Kraftfahrzeuge mit einem 30 cm x 5 cm großen Werbeaufkleber der klagenden Großstadt, den diese zur Verfügung stellen sollte, zu versehen. Die Beklagte sollte für jedes während der Vertrags­laufzeit über die Kfz Zulas­sungs­stelle der Beklagten zugelassene Kfz, das mit einem entsprechenden Werbeaufkleber versehen worden ist, 8,70 Euro netto erhalten. Die Beklagte ließ bis Anfang des Jahres 2016 Fahrzeuge über die Kfz-Zulas­sungs­stelle der Klägerin zu.

Stadt verlangte wegen nicht erbrachte Werbeleistungen die Rückerstattung der Zahlungen

Die klagende Großstadt verlangt in dem vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die Rückzahlung von in den Jahren 2013, 2014 und 2015 nach diesem Werbevertrag geflossenen Zahlungen von insgesamt gut 225.000 €. Ihre Forderung begründet sie damit, dass die Beklagte, die von ihr zugesagten und in diesen Jahren abgerechneten Werbeleistungen nicht erbracht habe, weil die Werbeaufkleber auf den zugelassenen Fahrzeugen nicht angebracht worden seien.

Stadt wollte vor allem an Einnahmen aus Kfz-Zulassungen profitieren

Dagegen hat sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt, der Werbevertrag sei nur der Form halber aufgesetzt worden, um die Zahlungen an sie als Kostenposition haushaltsmäßig besser darstellen zu können. Die klagende Großstadt habe vom hohen Wieder­er­ken­nungswert der typischen Nummernschilder für die Stadt profitieren wollen und auch ein Interesse gehabt, die Einnahmen aus den Zulas­sungs­kosten von etwa 26,00 € pro Fahrzeug, insgesamt also bis zu einer Viertel­mil­lionen Euro pro Jahr, zu erhalten. Die Aufkleber seien nur eine zusätzliche Idee gewesen, um die Leistungs­pflicht der Beklagten nach außen und für den schriftlichen Vertrag etwas handfester und griffiger definieren zu können. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin über viele Jahre hinweg Quartal für Quartal Rechnungen in jeweils vier- bis fünfstelliger Höhe erhalten und anstandslos bezahlt habe, obwohl sie gewusst habe, keine weiteren Aufkleber mehr geliefert zu haben, ergebe sich, dass die Aufkleber von untergeordneter Bedeutung gewesen seien und die klagende Großstadt stets davon ausgegangen sei, die Beklagte habe lediglich die Pflicht gehabt, die Fahrzeuge in der Großstadt zuzulassen.

LG: Werbevertrag stellt Scheingeschäft dar

Das Landgericht Bochum hat die zunächst nur auf die Zahlungen für die Jahre 2013 und 2014 gerichtete Klage (veröffentlicht unter www.nrwe.de) ab. Zur Begründung hat es ausgeführt, der “Werbevertrag“ aus dem Jahr 2004 habe nicht den tatsächlich getroffenen Vertrags­ab­sprachen entsprochen. Insbesondere sei die Regelung zur Anbringung der Werbeaufkleber – wie sich aus den Aussagen von vernommenen Zeugen ergebe – nur zum Schein getroffen worden, um eine nach dem Gebührenrecht unzulässige Reduzierung der gesetzlich bundesweit vorge­schriebenen Zulas­sungs­ge­bühren zu verschleiern.

OLG: Kein Scheingeschäft - Werbevertrag wurde zunächst tatsächlich gelebt

Die Berufung der klagenden Großstadt gegen dieses Urteil hatte ganz überwiegend Erfolg. Die Großstadt könne – so der Senat – die Rückzahlung von insgesamt gut 225.000 € für die Jahre 2013 bis 2015 verlangen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei dem “Werbevertrag“ aus dem Jahr 2004 nicht um ein zum Schein abgeschlossenes Geschäft. Dass die Vereinbarung „Vergütung gegen Aufkleber“ nicht dem wirklichen Willen der Parteien entsprochen habe, sei insbesondere den Aussagen der bereits vom Landgericht vernommenen Zeugen nicht zu entnehmen. Vielmehr spreche unter anderem die Bestellung von 13.200 Aufklebern zu Beginn des Vertrags­ver­hält­nisses eher dafür, dass der abgeschlossene “Werbevertrag“ – jedenfalls zunächst – tatsächlich gelebt worden sei. Dass das Anbringen der Aufkleber später eingestellt worden oder eingeschlafen sei, lasse keinen Rückschluss auf den Willen der Parteien bei Abschluss des Vertrags zu.

Werbevertrag weder unzulässig noch sittenwidrig

Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Abschluss des “Werbevertrags“ gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe oder sittenwidrig sei. Insbesondere ein zur Unwirksamkeit des Werbevertrags führendes gesetzliches Verbot, Zulas­sungs­ge­bühren nicht unterhalb der in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr festgesetzten Gebühren zu erheben, sei nicht zu erkennen. Soweit sich bei einer wirtschaft­lichen Betrachtung eine geringere Zahlungspflicht der Beklagten ergeben habe, sei es den Parteien zwar offensichtlich darum gegangen, der Beklagten einen finanziellen Anreiz zu schaffen, ihre Fahrzeuge bei der Klägerin zuzulassen. Dieser Anreiz sei aber über den Werbevertrag geschaffen worden, dessen Inhalt an sich nicht gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung verstoße und dessen (indirekte) Koppelung an die Zulassung nicht im krassen Widerspruch zum Gemeinwohl stehe. Der klagenden Großstadt seien die Zulas­sungs­ge­bühren im gesetzlich festgesetzten Umfang zugekommen und der gezahlten Vergütung habe nach dem Vertrag eine (Werbe-)Leistung gegen­über­ge­standen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (pm/ab)

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