23.11.2024
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Dokument-Nr. 22405

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Beschluss05.01.2016Oberlandesgericht Hamm10 W 46/15
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss05.01.2016

Pachtzins von "Altverträgen" kann nicht aufgrund möglicher erzielbarer Pachtpreise bei Neuverpachtung angepasst werdenAnpassung des Pachtzinses aufgrund einer Steigerung der Lebens­haltungs­kosten und des Durchschnitts­pacht­preises zulässig

Der Pachtzins sogenannter Altverträge kann aufgrund einer Steigerung der Lebens­haltungs­kosten und des Durchschnitts­pacht­preises anzupassen sein, nicht aber aufgrund der Steigerung der bei einer Neuverpachtung erzielbaren Pachtpreise. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Amtsgerichts Paderborn.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller aus Salzkotten erbte im Jahre 2009 landwirt­schaftliche Flächen (Ackerland) in Salzkotten. In einem Umfang von ca. 13,7 ha hatte sein Rechtsvorgänger diese Flächen mit Verträgen aus den Jahren 2006 und 2007 bis zum Jahre 2030 für einen Pachtzins von ca. 4.100 Euro jährlich an die Antragsgegnerin aus Salzkotten verpachtet. Der schriftliche Pachtvertrag sah hierbei folgende Klausel zu Änderung des vereinbarten Pachtzinses vor:

"Ändern sich die wirtschaft­lichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein in dem Maße, dass der vereinbarte Pachtpreis für den Verpächter oder Pächter nicht mehr angemessen ist, so kann jede Partei verlangen, dass der dann angemessene Pachtpreis neu festgesetzt wird."

Antragsteller verlangt Zustimmung zu 40 prozentiger Erhöhung des Pachtpreises

Im Jahre 2013 verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, einer 40 prozentigen Erhöhung des Pachtpreises auf ca. 5.800 Euro jährlich zuzustimmen und verwies darauf, dass in der Zeit nach Vertragsschluss die Lebens­hal­tungs­kosten, die allgemeinen Pachtpreise und insbesondere die bei einer Neuverpachtung zu erzielenden Preise gestiegen seien, was die von ihm verlangte Preisanpassung rechtfertige.

Amtsgericht stimmt 20 prozentiger Pacht­preis­er­höhung zu

In erster Instanz hatte das Amtsgericht Paderborn eine 20 prozentige Pacht­preis­er­höhung als gerechtfertigt angesehen und den jährlichen Pachtzins ab November 2013 auf ca. 5.000 Euro festgesetzt. Hiergegen hat sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde gewandt, um die von ihm erstrebte 40 prozentige Pacht­preis­er­höhung durchzusetzen.

Bei Neuverpachtung erzielbare Preise dürfen bei Preisanpassung keine Berück­sich­tigung finden

Die Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die erstin­sta­nzliche Entscheidung. Die Vertragsklausel zur Änderung des Pachtpreises stelle, so das Gericht, eine wirksame Konkretisierung der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift des § 593 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch dar. Eine Preisanpassung setze demnach voraus, dass der vereinbarte Pachtpreis aufgrund geänderter wirtschaft­licher und geldlicher Verhältnisse nicht mehr angemessen sei. Eine Änderung der insoweit maßgeblichen Verhältnisse habe der Antragsteller mit den seit Vertragsschluss um 13 % gestiegenen Lebens­hal­tungs­kosten und den in diesem Zeitraum um 26 % gestiegenen durch­schnitt­lichen Pachtpreisen schlüssig dargelegt. Aufgrund dieser Umstände habe das Landwirt­schafts­gericht eine 20 prozentige Steigerung als angemessen ansehen dürfen. Auf die bei einer Neuverpachtung erzielbaren, höheren Pachtpreise sei in diesem Zusammenhang nicht abzustellen. Wenn die Parteien den Pachtpreis eines neuen Pachtvertrages aushandelten, berück­sich­tigten sie regelmäßig bereits Faktoren wie eine zukünftig erwartende Preissteigerung bei Verpachtungen, eine voraussehbare oder zu erwartende Inflation und auch die Dauer einer vertraglichen Bindung. Mit diesen Faktoren könne deshalb nicht auch eine Preisanpassung begründet werden. Hinzu komme, dass kurzfristige spekulative Erwägungen zu zeitweise höheren Pachtpreisen bei einer Neuverpachtung führen könnten, einer Vertrags­an­passung aber nur der von kurzfristigen Tendenzen und individuellen Ausschlägern bereinigte Durch­schnittspreis zugrunde gelegt werden dürfe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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