18.10.2024
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Dokument-Nr. 19021

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Oberlandesgericht Hamm Urteil11.09.2014

Sicherungs­ver­wahrten müssen Telefon­ge­spräche gestattet werdenAnstalt muss hohem Stellenwert von Telefon­ge­sprächen für die Kommunikation mit der Außenwelt Rechnung tragen

Einem Sicherungs­ver­wahrten sind Telefon­ge­spräche, die von ihm ausgehen, und auch solche, bei denen er von Personen außerhalb der Anstalt angerufen wird, grundsätzlich zu gestatten. Dies entschied das Oberlan­des­ge­richts Hamm und änderte damit einen angefochtenen Beschluss der Straf­vollstreckungs­kammer des Landgerichts Arnsberg ab.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 58 Jahre alte Untergebrachte befindet sich in der Sicherungsverwahrung einer nordrhein-westfälischen Justiz­voll­zugs­anstalt auf einer mit bis zu 15 Untergebrachten belegten Abteilung. Der Abteilung stehen zwei Telefone zur Verfügung. Wegen der Gebüh­re­n­er­fassung vermittelt ein Abtei­lungs­beamter der Justiz­voll­zugs­anstalt die Telefonate. Im Oktober 2013 schränkte die Anstalt eine dem Siche­rungs­ver­wahrten zuvor eröffnete generelle Möglichkeit, sich von Personen außerhalb der Anstalt durch Vermittlung des Abtei­lungs­beamten zurückrufen zu lassen, ein und beschränkte diese Rückrufe auf Telefonate von nachgewiesener Dringlichkeit der Wichtigkeit. Den Antrag des Untergebrachten, die Anstalt zu verpflichten, ihm das generelle Recht auf telefonische Rückrufe wieder zu erteilen, verwarf die Straf­voll­stre­ckungs­kammer des Landgerichts Arnsberg als unbegründet.

Untergebrachten steht pro Tag etwa eine Stunde für Telefonate zur Verfügung

Die gegen diese Entscheidung vom Siche­rungs­ver­wahrten eingelegte Rechts­be­schwerde hatte Erfolg. Der 1. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm stellte klar, dass die einschlägige Bestimmung in § 26 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zum Vollzug der Siche­rungs­ver­wahrung dem Beschwer­de­führer einen Anspruch auf Telefon­ge­spräche gebe, die von ihm ausgehen, und auch solche, bei denen er von Personen außerhalb der Anstalt angerufen werde. Beschränkungen seien lediglich zur Nachtzeit und aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zulässig. Nach der gesetzlichen Regelung habe ein Untergebrachter zwar keinen jederzeitigen und sofortigen Anspruch auf das Führen von Telefonaten. Die Praxis der Anstalt zur Vermittlung der Telefonate müsse aber dem hohen Stellenwert von Telefon­ge­sprächen für die Kommunikation eines Untergebrachten mit der Außenwelt Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 01.04.2014 - 1 Vollz(Ws) 93/14 -) stehe einem Untergebrachten bei einer Abteilung mit bis zu 15 Untergebrachten und zwei verfügbaren Telefongeräten pro Tag etwa eine Stunde für Telefonate zur Verfügung. Wenn einem Untergebrachten dann ein Telefonat oder ein von ihm gewünschter Rückruf binnen zwei Stunden vermittelt werde, genüge die Anstalt den gesetzlichen Anforderungen. Insoweit habe der Beschwer­de­führer auch einen Anspruch auf die Vermittlung von Rückrufen, die nicht unter Hinweis auf eine Belastung des Anstalts­per­sonals auf besonders dringliche oder wichtige Gespräche beschränkt werden könne. Die im Jahre 2013 angeordnete Einschränkung der Rückrufe durch die Anstalt sei daher aufzuheben, so dass die ursprünglich erteilte, generelle Genehmigung weitergelte.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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