21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 26169

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Urteil21.03.2017Oberlandesgericht Frankfurt am Main8 U 228/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GesR 2017, 392Zeitschrift: GesundheitsRecht (GesR), Jahrgang: 2017, Seite: 392
  • RDG 2017, 199Zeitschrift: Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen (RDG), Jahrgang: 2017, Seite: 199
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Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil13.09.2011, 2-18 O 175/07
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil21.03.2017

Bereit­schaftsarzt wegen fehlender Erkennung einer Malaria-Erkrankung zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteiltFieber und Durchfall nach außer­eu­ro­pä­ischem Aufenthalt spricht für mögliche Malaria-Erkrankung

Leidet eine Patientin nach einem außer­eu­ro­pä­ischen Aufenthalt an Fieber und Durchfall, muss ein Bereit­schaftsarzt die Möglichkeit einer Malaria-Erkrankung in Betracht ziehen. Tut er dies nicht und veranlasst er insbesondere nicht die Einweisung der Patientin in ein Krankenhaus zwecks Blut- und Stuhl­un­ter­suchung, kann er auf Zahlung von Schmerzensgeld haften. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Reise durch das südliche Afrika im Jahr 2002 traten bei einer Frau während eines Aufenthalts in einem Hotelzimmer einer deutschen Stadt Fieber und Durchfall auf. Der herbeigerufene Bereit­schaftsarzt untersuchte die Frau und diagnostizierte einen gastro­in­tes­tinalen Infekt. Er verabreichte der Frau Paracetamol und verließ sie. Eine Malaria-Erkrankung zog der Arzt nicht in Betracht, obwohl die Frau auf den kürzlich zurückliegenden Ausland­auf­enthalt verwies. Nachfolgend verschlechterte sich der Zustand der Frau rapide. Sie erlitt ein Hirnödem und fiel ins Koma. Die Frau wurde schließlich vom Hotelpersonal bewusstlos in ihrem Zimmer vorgefunden und in ein Krankenhaus verbracht. Dort wurde eine Malaria-Erkrankung festgestellt und behandelt. Nachträglich klagte sie gegen den Bereit­schaftsarzt unter anderem auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht gab Schmer­zens­geldklage statt

Das Landgericht Frankfurt a.M. gab der Schmer­zens­geldklage statt. Dem Beklagten sei ein Befun­d­er­he­bungs­fehler vorzuwerfen. Er hätte die Klägerin selbst mit der Verdachts­diagnose eines gastro­in­tes­tinalen Infekts in ein Krankenhaus einweisen müssen. Gegen diese Entscheidung legte der Beklagte Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls Schmer­zens­geldan­spruch

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Beklagten zurück. Der Klägerin stehe ein Schmer­zens­geldan­spruch zu, da dem Beklagten ein Diagnosefehler und das Unterlassen einer therapeutischen Aufklärung vorzuwerfen sei.

Möglichkeit einer Malaria-Erkrankung aufgrund Fieber und Durchfall

Es liege nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts ein vorwerfbarer Diagnosefehler vor, weil der Beklagte angesichts der Symptome und der Kenntnis vom außer­eu­ro­pä­ischen Aufenthalt zumindest auch Malaria in Betracht habe ziehen müssen. Dafür haben konkrete Anhaltspunkte bestanden. So seien Fieber und Durchfall mindestens für zwei Krankheiten kennzeichnend: Malaria und Magen-Darm-Infekt.

Erfor­der­lichkeit einer Einweisung ins Krankenhaus

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei dem Beklagten eine mangelnde therapeutische Aufklärung vorzuwerfen. Er hätte angesichts der Symptome dafür Sorge tragen müssen, dass die Klägerin in ein Krankenhaus eingewiesen wird. Es sei eine Blut- und Stuhl­un­ter­suchung zur Abklärung der vom Beklagten angenommenen Diagnose eines Magen-Darm-Infekts dringend erforderlich gewesen.

Kein Mitverschulden aufgrund unterlassener Malaria-Prophylaxe

Der Klägerin sei kein Mitverschulden anzulasten, so das Oberlan­des­gericht, weil sie vor ihrem Aufenthalt in Afrika keine Malaria-Prophylaxe vorgenommen habe. Es mache für das Rechts­ver­hältnis zwischen Arzt und Patienten keinen Unterschied, ob der Patient durch eigene Schuld behand­lungs­be­dürftig geworden ist oder nicht.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)

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