21.11.2024
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Dokument-Nr. 34270

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Beschluss27.06.2024Oberlandesgericht Frankfurt am Main7 WF 74/23
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss27.06.2024

Vormund konnte während Corona-Pandemie auch telefonisch wirksam bestellt werdenVormund darf auch ohne Handschlag bestellt werden

Bis Ende 2022 sollte die Bestallung eines Vormundes mittels Handschlags bei persönlicher Anwesenheit des Vormundes erfolgen (§ 1789 S. 2 BGB). Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat beschlossen, dass eine Bestellung auch ohne Handschlag und Anwesenheit telefonisch wirksam sein kann, wenn sie im Übrigen ordnungsgemäß erfolgte und nachvoll­ziehbare Gründe im Hinblick auf die Pandemielage für ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall vorlagen.

Die Antragstellerin wurde im April 2020 zur Vormundin über zwei Kinder bestellt, nachdem den Kindeseltern das Sorgerecht entzogen worden war. Die Vormundschaft sollte berufsmäßig geführt werden. Die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung der Vormundin fand aufgrund der Corona-Pandemie telefonisch statt. Über das Telefonat wurde ein ausführlicher Vermerk gefertigt. Gemäß der damals geltenden Regelung sollte die Verpflichtung „mittels Handschlags an Eides statt“ erfolgen (§ 1789 S. 2 BGB i.d.F. bis zum 31.12.2022). Die Staatskasse lehnte einen Vergü­tungs­antrag der Vormundin ab, da diese lediglich telefonisch bestellt worden sei. Das Amtsgericht hat demgegenüber die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.

Telefonische Verpflichtung führt nicht zur Unwirksamkeit der Bestellung

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Antragstellerin sei wirksam zur Vormundin bestellt worden, bestätigte das OLG die Auffassung des AG. Sie sei telefonisch über die Aufgaben und Pflichten einer Vormundin unterrichtet und zu treuer und gewissenhafter Führung des Amtes verpflichtet worden. Der Umstand, dass diese Verpflichtung lediglich telefonisch erfolgte, führe nicht zu Unwirksamkeit der Bestellung: Der Wortlaut des damals geltenden § 1789 S. 2 BGB stehe der Wirksamkeit nicht entgegen.

Die dort vorgesehene Verpflichtung „mittels Anschlags an Eides statt“ stelle lediglich eine Soll-Vorschrift dar. Sowohl Handschlag als auch persönliche Anwesenheit seien demnach nicht gänzlich unverzichtbar. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. „Die Verpflichtung mittels Handschlags verfolgte aus Sicht des historischen Gesetzgebers den Zweck, dem zu Verpflichtenden den Ernst und die Bedeutung der von ihm zu übernehmenden Pflichten zu verdeutlichen. Dies kann aber auch telefonisch geschehen“, begründete das OLG näher.

Auch der historische Gesetzgeber sei nicht davon ausgegangen, dass die persönliche Anwesenheit des Vormunds für die Verpflichtung zwingend sei. Zu Recht sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Umstände des Einzelfalls ein Absehen vom Handschlag bei persönlicher Anwesenheit hier ausnahmsweise rechtfertigten. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Verpflichtung in Anwesenheit trotz der seinerzeitigen Pandemie-Lage möglich und zumutbar gewesen wäre. Entscheidend sei, dass es aus der damaligen Sicht nachvoll­ziehbare und vernünftige Gründe für ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall gegeben habe.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Da die Frage, ob ein berufsmäßiger Vormund vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auch telefonisch verpflichtet werden konnte, bislang nicht explizit höchst­rich­terlich entschieden worden sei, hat der Senat die Rechts­be­schwerde zugelassen. Sie wäre binnen einen Monats beim BGH einzulegen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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