21.11.2024
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Dokument-Nr. 33966

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Beschluss03.04.2024Oberlandesgericht Frankfurt am Main7 UF 46/23
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss03.04.2024

Heimun­ter­bringung zur Überwindung der Ablehnung eines Kindes gegenüber dem nicht-betreuenden Elternteil ist rechtswidrigKindeswohl geht berechtigtem Umgangs­in­teresse vor

Das Familiengericht darf die Unterbringung des Kindes im Heim nicht allein deshalb anordnen, da eine betreuende Mutter ihr Kind dahin beeinflusst, dass es den nicht betreuenden Vater nicht mehr sehen möchte und es deswegen zu einem Kontaktabbruch kommt. Das hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) entschieden. Die von dem Kind empfundene Ablehnung des nicht betreuenden Elternteils kann - wenn überhaupt - durch eine Heimun­ter­bringung nicht ohne gravierende Verletzung des Grundrechts des Kindes auf freie Persönlichkeits­entwicklung überwunden werden. Die negativen Folgen dieser Grund­rechts­verletzung überwiegen nach Auffassung des OLG das berechtigte Umgangs­in­teresse des Vaters. Eine Maßnahme, mit der ein Kind über eine Heimun­ter­bringung dazu gebracht werden soll, gegen seinen Willen in den Haushalt desjenigen Elternteiles zu wechseln, zu dem es aktuell jeden Kontakt ablehnt, ist daher nicht rechtmäßig.

In dem Verfahren ging es um ein Mädchen, das ausschließlich im Haushalt seiner Mutter aufgewachsen war. Nach langjährigen regelmäßigen und ausgedehnten Umgangs­kon­takten zum getrennt­le­benden Vater hatte das Kind im Alter von sieben Jahren plötzlich Umgänge verweigert. Die Mutter war davon ausgegangen, dass es zwischen Vater und Tochter zu sexuell getönten Vorfällen gekommen war. Sie hatte das Mädchen seither in seiner Umgangs­ver­wei­gerung bestärkt. Ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten hatte ergeben, dass kein für eine strafrechtliche Verurteilung hinreichender Tatverdacht eines Kindes­miss­brauchs vorlag. Es sprach daher, so der Senat, einiges dafür, dass die Ablehnung des Mädchens maßgeblich auf eine Beeinflussung durch die Mutter zurückging. Der Vater des Mädchens hatte nach jahrelangem Streit beantragt, ihm die elterliche Sorge zu übertragen. Da es wegen der absoluten Verweigerung des Mädchens nicht möglich schien, das Kind in seinen Haushalt zu geben, hatte das AG das zu diesem Zeitpunkt 9-jährige Kind in einem Eilverfahren aus dem Haushalt der Mutter genommen und in ein Kinderheim gegeben. Dabei kam das AG den Empfehlungen eines Sachver­ständigen nach, denen auch Jugendamt und der Verfah­rens­beistand des Kindes gefolgt waren. Während der Heimunterbringung sollte sich - fern der Beeinflussung durch die Mutter, mit der keinerlei Umgang stattfinden durfte - das Kind dahin stabilisieren, dass es die unerklärliche Kontakt­ver­wei­gerung zum Vater aufgeben würde. So sollte perspektivisch die gewünschte Übersiedlung des Kindes in den Haushalt des Vaters ermöglicht werden.

Wille des Kindes darf nicht übergangen werden

Diese Vorgehensweise ist nicht rechtmäßig, entschied das OLG. Er hatte umgehend nach Eingang der Beschwerde der Mutter gegen den Sorge­rechts­be­schluss des AG die Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter veranlasst. Die Wünsche und Vorstellungen des Kindes völlig zu ignorieren stelle eine nicht zu vertretende Grundrechtsverletzung dar. Eine besondere Rolle spielte für die Entscheidung, dass es keine Anhaltspunkte für eine unzulängliche Versorgung des Kindes im Haushalt der Mutter gab. Das Mädchen sei eine exzellente Grundschülerin mit altersgerechten Kontakten zu Gleichaltrigen und guten sozialen Kompetenzen. Unter solchen Umständen, so das OLG, könne der entge­gen­stehende Wille eines neun Jahre alten Mädchens nicht übergangen werden. Die nachvoll­ziehbare Verzweiflung des umgangs­be­rech­tigten Vaters habe nach Auffassung des Senats dazu beigetragen, dass Jugendamt, Sachver­ständiger und Verfah­rens­beistand eine solche den Willen des Kindes brechende Maßnahme befürwortet hätten. Dabei sei jedoch nicht hinreichend beachtet worden, dass der Kontaktabbruch zur haupt­be­treuenden Mutter für das Kind unerträglich gewesen sei, während das Kind unter dem fehlenden Umgang zum Vater in keiner Weise gelitten, sondern diesen aktiv gewünscht habe. Da zudem äußerst fraglich schiene, ob das gewünschte Ziel eines Wechsels in den Haushalt des Vaters durch die Heimun­ter­bringung überhaupt erreicht werden könne, sei die Maßnahme im Übrigen völlig ungeeignet. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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