18.10.2024
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Dokument-Nr. 29191

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss15.08.2020

OLG Frankfurt am Main zur Kennzeichnung von dual-use Essig-ProduktenWerbung und Produk­tauf­machung verstößt gegen die Biozid-Verordnung

Ein aus Essigkonzentrat bestehendes Produkt unterliegt den Anforderungen der Biozid-Verordnung, wenn es auch als Lebensmittel eingesetzt werden kann, überwiegend jedoch nicht für Lebens­mit­tel­zwecke (hier: Reinigung) bestimmt ist. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) untersagte deshalb mit Beschluss Werbung und Produk­tauf­machung der Herstellerin eines so genannten dual-use Produkts.

Die Antragsgegnerin vertreibt unter anderem zwei Essig-Produkte, die als „dual-use“- Produkte sowohl zur Reinigung als auch als Lebensmittel eingesetzt werden können. Es handelt sich um chemische Gemische, die jedenfalls aus Wasser und Essigsäure (7,5 %) bzw. aus Wasser, Essigsäure (10 %) und Zitronensäure bestehen. Die Verpackungen der Produkte enthielten keine Hinweise auf die Biozid-Verordnung und das Chemikaliengesetz (ChemG). Die Antragstellerin vertreibt Reinigungsmittel. Sie nimmt im Eilverfahren die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch, da Werbung und Produk­tauf­machung Verstöße u.a. gegen die Biozid-Verordnung und das ChemG enthielten. Das Landgericht wies diesen Antrag zurück.

OLG bejahrt Verstoß gegen Biozid- Verordnung

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin verstoße mit der gewählten Produk­tauf­machung gegen die Biozid-Verordnung. Bei dem Produkt handele es sich um ein Biozid. Der Begriff sei weit auszulegen. Entscheidend ist nicht Zusammensetzung oder Herstellung, sondern nur, ob die fragliche Substanz chemisch oder biologisch auf den Schadorganismus wirkt und vom Hersteller hierzu bestimmt ist“, begründet das OLG.

Einsatz als Reini­gungs­mittel im Vordergrund

Das hier zu beurteilende Produkt habe zwei Verwen­dungs­zwecke: Reinigung und Lebensmittel. Abzustellen sei hier auf die überwiegende Zweckbestimmung. Dafür spreche der Schutzzweck der Biozid-Verordnung, nämlich die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt. Die überwiegende Zweckbestimmung liege hier darin, als Reini­gungs­mittel eingesetzt zu werden. Dafür spreche die Gestaltung des Flasche­n­e­tiketts, „die nicht etwa...durch einen appetitlich angerichteten Salat Assoziationen an Lebensmittel auslöst, sondern vielmehr durch eine blitzblanke, offensichtlich gerade gereinigte Küche auf ein Reini­gungs­mittel hinweist.“ Auch die Flaschenform sei typisch für Reini­gungs­mittel. Schließlich weise der rückseitige Text ebenfalls ganz überwiegend auf die Reini­gungs­funktion hin, wonach etwa 99 % aller Bakterien, Schimmelpilze und speziellen Viren beseitigt werden könnten. Die Hinweise auf Lebensmittel träten demgegenüber deutlich zurück und beschränkten sich auf den Halbsatz, dass das Spray sich „nicht nur für leckere Salatdressings“ eigne. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

der Leitsatz

1. Ein aus Essigkonzentrat bestehendes Produkt unterliegt auch dann den Anforderungen der Biozid-VO, der DetergenzienVO, der CLP-VO und der REACH-VO, wenn es auch als Lebensmittel eingesetzt werden kann, aber die Produk­tauf­machung darauf hinweist, dass es überwiegend nicht für Lebens­mit­tel­zwecke bestimmt ist.

2. Die Tatsache allein, dass ein im Eilverfahren angegriffenes Produkt schon länger auf dem Markt vertrieben wird, kann nicht zu einer grob fahrlässigen Unkenntnis führen. Der Antragsgegner muss hierzu weitere Indizien vortragen, die die § 12 Abs. 2 UWG zugrun­de­liegende Vermutung erschüttern können.

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