Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil10.07.2025
Zwingende Angabe der E-Mail-Adresse oder Handynummer für den Bahnfahrkartenerwerb rechtswidrigOberlandesgericht stärkt Datenschutz für Kunden
Der Erwerb einer Bahnfahrkarte darf nicht die Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer voraussetzen. Diese Datenverarbeitung ist für die Vertragserfüllung nicht erforderlich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilte die Deutsche Bahn Fernverkehr AG, es zu unterlassen, den Erwerb von „Spar“- und „Super-Sparpreistickets“ von der Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer abhängig zu machen.
Die Beklagte bietet Eisenbahndienstleistungen an. Ihre Bahntickets können über das Internet, die Bahn-App, am Schalter, über Fahrkartenautomaten oder telefonisch über den Reiseservice gekauft werden. Der Vertrieb von „Spar-“ bzw. „Super-Sparpreistickets erfolgte bis zum Fahrplanwechsel 15.12.2024 nur digital. Verbraucher mussten - auch beim Kauf am Schalter - ihre E-Mail oder eine Handynummer angeben, um das digitale Ticket bzw. die Auftragsnummer zu empfangen. Am Automaten konnten diese Tickets nicht erworben werden. Der Kläger nimmt Verbraucherinteressen wahr. Mit seiner erstinstanzlich vor dem OLG geführten Klage verlangt er, dass die Beklagte es unterlässt, E-Mail-Adressen und/oder Handynummer von Verbrauchern zu verarbeiten, ohne dass dies für die Vertragsdurchführung erforderlich ist.
Verstoß gegen Datenschutzgrundverordnung
Der zuständige 6. Zivilsenat des OLG hat der Klage stattgegeben. Die zwingende Forderung nach der Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer beim Verkauf der streitigen Online-Tickets „Sparpreis“ und „Super-Sparpreis“ sei rechtwidrig, begründete er die Entscheidung. Es liege eine Datenverarbeitung entgegen den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung vor (i.F. DSGVO).
Keine freiwillige Einwilligung
Die Datenverarbeitung sei nicht durch eine Einwilligung der Verbraucher gerechtfertigt gewesen. Es fehle an einer freiwillig abgegebenen Einwilligung. Die Verbraucher hätten hier keine „echte oder freie Wahl“ gehabt. Vielmehr habe die Beklagte die Vertragserfüllung von der Einwilligung abhängig gemacht. Gegen die Freiwilligkeit spreche auch die gerichtsbekannte marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem Markt des Eisenbahnfernverkehrs.
Datenverarbeitung war auch nicht gerechtfertigt
Die Datenverarbeitung sei auch nicht im Übrigen gerechtfertigt gewesen. Sie sei für die Vertragserfüllung selbst nicht erforderlich. „Kundinnen und Kunden möchten zu einem günstigen Preis mit der Bahn an einem bestimmten Tag von A nach B fahren“. Dafür werde der Fahrpreis gezahlt. Der Hauptgegenstand liege dagegen nicht im Generieren eines validen und zugleich digitalen Sparpreis-Tickets. Das Ticket diene dem Nachweis des Vertragsschlusses über die Beförderung und Bezahlung. Die digitale Form des Tickets erleichtere allein der Beklagten die Abwicklung der Hauptleistung und diene „vornehmlich unternehmensinternen Zwecken - etwa der Kundenbindung, Werbung oder der Kontrolle des Nutzerverhaltens“, untermauerte der Senat weiter.
Verarbeitung der personenbezogenen Daten war nicht unbedingt erforderlich
Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten sei auch nicht zur Verwirklichung überwiegender berechtigter Interessen unbedingt erforderlich. Bloße Nützlichkeit oder bestmögliche Effizienz genügten dafür nicht. Nur wenn das Interesse an der Datenverarbeitung nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden könne, die weniger stark in die Grundrechte eingriffen, sei von dieser Erforderlichkeit auszugehen. Daran fehle es hier. „Der Verantwortliche muss also den Prozess für den Zugang zu seinen Leistungen wählen, der mit dem geringsten Maß an personenbezogenen Daten auskommt. Daran fehlt es hier“, resümierte der Senat.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.07.2025
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)