Zur Beurteilung stand eine Werbeaktion, bei der auf der Verpackung von Süßwaren "Milchtaler" aufgedruckt waren. Die Taler konnten - ähnlich wie Rabattmarken - in ein Sammelheft eingeklebt und bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Milchtalern gegen Prämien eingetauscht werden. Die Anzahl der auf den einzelnen Produkten aufgedruckten Milchtaler hing vom Preis der Ware ab. Beim Kauf von Süßigkeiten im Wert von 25,47 EUR konnten 50 Milchtaler gesammelt und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingelöst werden. Mögliche Prämien waren eine Kinokarte oder Gegenstände wie Tassen, Kappen, T-Shirts und Ähnliches.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. hat diese Aktion für wettbewerbswidrig gehalten, weil sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern auszunutzen (§§ 3, 4 Nr. 2 UWG). Ihre auf Unterlassung der Werbeaktion gerichtete Klage hatte jedoch in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Zwar ist eine Werbeaktion wettbewerbswidrig, wenn sie geeignet ist, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern auszunutzen. Diese Voraussetzung war nach Ansicht des OLG im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt.
Kinder seien typischerweise geschäftlich unerfahren. Aber nicht jede Werbung, die sich gezielt an Kinder richte, sei deshalb geeignet, ihre geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen. Zwar sei bei Werbeaktionen der vorliegenden Art die Gegenüberstellung von Preis und Gegenwert erschwert, gleichwohl sei auch eine auf die Gewährung von Prämien gerichtete Sammelaktion in der Werbung gegenüber Kindern nicht generell unzulässig.
Die durch die Werbung beabsichtigte und bewirkte Beeinflussung der angesprochenen Kinder müsse im Einzelfall konkret geprüft werden. Angesprochen werde mit der Werbung hier die Altersgruppe der 8 - 13-jährigen, die mit ihrem Taschengeld in begrenztem Rahmen selbst wirtschaften. Eine Ausnutzung geschäftlicher Unerfahrenheit liege vor, wenn Kinder durch werbliche Anreize zum Kauf überteuerter oder ungeeigneter Waren verleitet würden. Dies hat der Senat im konkreten Fall verneint. Auch eine unzureichende Transparenz des Angebotes, eine Ausnutzung des Sammeltriebs oder ein Anhalten zum Kauf über Bedarf gehe von der Sammelaktion nicht aus. Der Wert der Zugabe lasse sich realistisch einschätzen. Das Sammeln der einheitlich gestalteten Milchtaler wecke kein besonderes Sammelinteresse. Von einer übersteigenden Attraktivität der Prämien könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Schließlich hat der Senat erwogen, ob der durch Werbung provozierte Einsatz von Kindern als "Kaufmotivatoren ihrer Eltern" als unangemessene unsachliche Einflussnahme gegen § 4 Nr. 2 UWG verstoßen könne, dies aber jedenfalls für die konkrete Werbeaktion ebenfalls verneint.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.06.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 20.06.2005