18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 31853

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Urteil09.06.2022Oberlandesgericht Frankfurt am Main6 U 232/21
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil21.09.2021, 3-06 O 26/21
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil09.06.2022

Amazon-Bewertungen unzulässig - Amazon-Sterne enthalten unlautere getarnte WerbungUnlautere getarnte Werbung bei Berück­sich­tigung bezahlter Produkt­re­zen­sionen innerhalb des Gesamt­bewertungs­ergebnisses eines Produktes

Fließen in das Gesamt­bewertungs­ergebnis für Produkte, die auf eine Verkaufs­plattform angeboten werden, auch Rezensionen ein, für die an den Rezensenten ein - wenn auch geringes - Entgelt gezahlt wird, liegt unlautere getarnte Werbung vor, sofern die Berück­sich­tigung dieser bezahlten Rezensionen nicht kenntlich gemacht wird. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die vom Landgericht ausgeurteilte Unterlassungs­verpflichtung bestätigt.

Die Klägerin bietet im Internet die entgeltliche Vermittlung von Kunden­re­zen­sionen an. Die Kunden der Klägerin sind ausschließlich Händler auf Online-Verkaufs­platt­formen. Die Beklagte betreibt die Verkaufs­plattform amazon.de. Die Produkte werden dort mit einem Gesamtsterne-Bewer­tungs­system bewertet. Die Beklagte vermittelt zudem ihren Verkauf­s­partnern gegen Entgelt Kunden­re­zen­sionen im Rahmen des sog. Early Reviewer Programms (i.F.: ERP). Dabei handelt es sich um Bewertungen ausländischer Rezensenten gegen Entgelt oder Gutscheine für Produkte, die zuvor auf dem US-, UKoder Japan-Marketplace gekauft wurden. Diese Bewertungen werden auch deutschen Käufern angezeigt und fließen in das Gesamt­be­wer­tungs­er­gebnis ein.

Klägerin wendet sich gegen ERP-Rezensionen

Die Klägerin wendet sich gegen die Veröf­fent­lichung von ERP-Rezensionen, wenn diese Teil des Gesamt­be­wer­tungs­er­geb­nisses werden und nicht darauf hingewiesen wird, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamt­be­wer­tungs­er­geb­nisses sind.

OLG bestätigt Vorliegen von unlauter getarnter Werbung

Die gegen die vom Landgericht ausgesprochene Unter­las­sungs­ver­pflichtung gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Es liege eine unlautere getarnte Werbung vor, bestätigte das OLG. ERP-Rezensionen zu veröffentlichen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele Rezensionen Teil des Gesamt­be­wer­tungs­er­geb­nisses sind, sei unlauter. Die Berück­sich­tigung dieser ERP-Rezensionen - und damit auch nicht ihr Anteil - würde von der Beklagten nicht kenntlich gemacht und ergebe sich auch nicht aus den Umständen. Ob Internetnutzer damit rechneten, dass in ein Gesamt­be­wer­tungs­er­gebnis auch immer Rezensionen einfließen, die nicht sachlich begründet sein, könne offenbleiben. Dies dürfe jedenfalls "kein Freibrief dafür sein ... , beeinflusste Rezensionen zu verwenden", stellte das OLG klar.

OLG: Gefahr positiverer Bewertung

Die Berück­sich­tigung von ERP-Rezensionen habe hier auch geschäftliche Relevanz. Die Rezensenten des ERP erhielten eine kleine Belohnung für die Abfassung der Rezension. "Daraus folgt zwangsläufig, dass sie bei Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen sind", betont das OLG. Es bestehe vielmehr die konkrete Gefahr, dass ein nicht geringer Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich veranlasst sehe, ein Produkt positiver zu bewerten als dies tatsächlich seiner Meinung entspreche, um weiterhin an dem Programm teilnehmen zu dürfen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)

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