21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 29901

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil24.02.2021

OLG Frankfurt am Main: Schad­s­toff­min­dernde schnelle Aufwärmfunktion ist unzulässige Abschalt­ein­richtungAutokäufer haben Anspruch Schadensersatz abzüglich einer Nutzungs­entschädigung gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs

Die bei mehreren 3, Liter-Modellen der Audi AG verwendete schad­s­toff­min­dernde, sogenannte schnelle Aufwärmfunktion ist eine unzulässige Abschalt­ein­richtung und löst Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Käufer aus. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) sprach deshalb in zwei heute verkündeten Urteilen den klagenden Käufern Schadensersatz zu.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Beide Kläger nehmen die beklagte Audi AG auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem jeweiligen Erwerb eines Audi SQ5, Emissionsklasse EU6, in Anspruch. In den Fahrzeugen ist ein von der Beklagten selbst hergestellter Motor verbaut; es handelt sich damit nicht um den Motor EA 189 von VW. Das Kraft­fahrt­bun­desamt (KBA) hatte Anfang 2018 mitgeteilt, dass u.a. dieses Modell eine unzulässige Abschalt­ein­richtung enthalte. Die schad­s­toff­min­dernde, so genannte schnelle Aufwärmfunktion springe nahezu nur im Prüfzyklus NEFZ an. Im realen Verkehr unterbleibe diese NOx-Schad­s­toff­min­derung. Die Beklagte übersandte Rückruf­schreiben an die jeweiligen Kläger mit dem Hinweis auf ein vom KBA freigegebenes Softwareupdate. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen.

Vom BGH aufgestellte Voraussetzungen hier übertragbar

Auf die Berufung der jeweiligen Kläger wurde die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs verurteilt. Die Beklagte hafte wegen der Entwicklung eines Motors mit einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung gegenüber den Fahrzeugkäufern wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Die vom Bundes­ge­richtshof zum Dieselskandal aufgestellten Voraussetzungen seien auf die hier vorliegende Konstellation übertragbar und lägen hier vor.

OLG geht von versteckter Abschalt­ein­richtung aus

Es sei objektiv sittenwidrig, ein Fahrzeug in den Verkehr zu bringen, dessen Motor­steu­e­rungs­software bewusst und gewollt so programmiert worden sei, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung nur auf dem Prüfstand eingehalten würden. Hier liege eine versteckte Abschalt­ein­richtung vor. Es seien Parameter für die Motor­auf­wärm­funktion vorgegeben worden, die auf den Prüfstand zugeschnitten gewesen seien und gewährleisteten, dass die Funktion dort wirkte. Im realen Straßenbetrieb habe die Funktion jedoch nur dann funktioniert, wenn zufällig der seltene Ausnahmefall der eingegebenen engen Parameter vorgelegen habe. Es könne nicht angenommen werden, dass die Funktion im realen Straßenverkehr eine echte schad­s­toff­min­dernde Wirkung haben sollte.

Gericht wertet verfolgtes Ziel der Gewinnerhöhung als verwerfliche strategische Unter­neh­men­s­ent­scheidung

Das von der Beklagten verfolgte Ziel der Erhöhung ihres Gewinns werde verwerflich, wenn es - wie hier - auf der Grundlage einer strategischen Unter­neh­men­s­ent­scheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörde, des KBA, erreicht werden solle und mit einer Gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechts­vor­schriften gleichgültig zeigt.

Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Abschalt­ein­richtung ist Beklagten zuzurechnen

Die grundlegende strategische Entscheidung zu Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Abschalt­ein­richtung sei der Beklagten zuzurechnen. Nach dem unstreitigen Vortrag der jeweiligen Kläger sei sie mit Wissen des vormaligen Vorstands der Beklagten oder zumindest einzelner Vorstands­mit­glieder getroffen worden. Die beiden Kläger könnten Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung für die Vorteile durch Nutzung des jeweiligen Fahrzeugs verlangen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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