Dokument-Nr. 17592
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- NStZ-RR 2014, 30Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 30
- Landgericht Darmstadt, Beschluss10.12.2012, 1 c StVK 1411/12
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss31.03.2013
Gefesselte Vorführung eines Strafgefangenen zum Gespräch mit Anstaltsleiter zur privaten Hilfestellung rechtswidrigStrafgefangener kann Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme beantragen
Weigert sich ein Strafgefangener an einem Gespräch mit dem Anstaltsleiter zur privaten Hilfestellung des Strafgefangenen teilzunehmen, so darf er nicht gefesselt vorgeführt werden. Eine solche Zwangsmaßnahme ist rechtswidrig. Der Strafgefangene kann in einem solchen Fall Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit stellen. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2012 sollte ein Strafgefangener an einem Gespräch mit dem Anstaltsleiter teilnehmen. Thema des Gesprächs sollte die private Situation des Strafgefangenen sein und wie man ihm am besten dabei hilft. Dieser wollte sich aber nicht helfen lassen und weigerte sich daher an dem Gespräch teilzunehmen. Daraufhin wurde er kurzerhand zwangsweise mit Handfesseln vorgeführt. Die Handfesseln musste er zudem über das gesamte Gespräch hinweg tragen. Seiner Meinung nach sei diese Maßnahme rechtswidrig gewesen. Er beantragte daher beim Landgericht die Rechtswidrigkeit der Zwangsvorführung feststellen zu lassen.
Landgericht wies Feststellungsantrag wegen fehlendem Feststellungsinteresse zurück
Das Landgericht Darmstadt wies den Feststellungsantrag des Strafgefangenen als unzulässig zurück. Denn es habe an dem erforderlichen Feststellungsinteresse gefehlt. Weder habe die erledigte Maßnahme eine anhaltende diskriminierende Wirkung gehabt noch habe die Gefahr einer Wiederholung bestanden. Gegen diese Entscheidung legte der Strafgefangene Rechtsbeschwerde ein.
Oberlandesgericht bejahte Feststellungsinteresse
Das Oberlandesgericht entschied zu Gunsten des Strafgefangenen und hob die erstinstanzliche Entscheidung auf. Denn es habe ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne des § 115 Abs. 2 StVollzG vorgelegen.
Rehabilitationsinteresse begründete Feststellungsinteresse
Aufgrund des diskriminierenden Charakters der Zwangsvorführung habe nach Einschätzung des Oberlandesgerichts ein schutzwürdiges Rehabilitationsinteresse vorgelegen. Denn die Anordnung und Durchführung unmittelbaren Zwangs gegen einen Gefangenen könne neben einer disziplinarischen Ahndung noch weitere nachteilige Auswirkungen haben. So hätte der Eindruck entstehen können, dass der Strafgefangene rechtmäßigen Anordnungen der Vollzugsbediensteten nicht Folge leistete und damit die Ordnung der Anstalt störte. Dies hätte nachteilige Auswirkungen auf mögliche Vollzugslockerungen oder Vergünstigungen haben können.
Vorliegen eines Feststellungsinteresses wegen Eingriffs ins allgemeine Persönlichkeitsrecht
Zudem habe der in der Fesselung liegende erhebliche Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) des Strafgefangenen und des damit einhergehenden diskriminierenden Charakters der Maßnahme das Feststellungsinteresse begründet, so das Oberlandesgericht. Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass der Strafgefangene nicht den Blicken von vollzugsfremden Personen ausgesetzt war.
Zwangsvorführung mit Handfesseln war rechtswidrig
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei die Zwangsvorführung mit Handfesseln auch rechtswidrig gewesen. Denn es habe dafür keine Rechtsgrundlage vorgelegen. Der Strafgefangene sei nicht verpflichtet gewesen an dem Gespräch teilzunehmen. Er hätte daher nicht zwangsweise vorgeführt werden dürfen. Darüber hinaus haben auch keine konkreten Anhaltspunkte für eine akute, belegbare Gefahr für eine körperliche Gewalttätigkeit bestanden. Allein eine destruktive Grundhaltung und die Verweigerung von Hilfsmaßnahmen genüge für eine solche Annahme nicht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.01.2014
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)
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