15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 1521

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Urteil24.06.2004Oberlandesgericht Frankfurt am Main3 U 13/03
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil24.06.2004

Telefon­netz­be­treiber muss für Abschaltung von 0190-Rufnummer–Verbindungen sorgen

Wer Telefon­kom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienst­leis­tungen erbringt, muss sicherstellen, dass Telefon­ver­bin­dungen zu 0190-Service-Nummern nach einer Stunde abgeschaltet werden. Mit dieser Begründung hat der 3. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main eine Klage der Telekom gegen einen Anschlussnehmer auf Zahlung von 10.897,70 DM für 3 Verbindungen zu 0190-Nummern abgewiesen. Eine Verbindung hatte rund 50 Stunden gedauert. Fest stand, dass die Verbin­dungs­her­stellung durch den Anschlussnehmer oder dessen Famili­en­mit­glieder erfolgt war.

Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass sie ohne vertragliche Beziehungen zu den Anbietern der 0190–Service–Nummern (Diens­te­be­treibern) keinen Einfluss auf die vom Anschluss des Beklagten aus aufgebauten Verbindungen nehmen könne. Eine zwangsweise Unterbrechung der Verbindung eines solchen Telefon-Providers sei nicht möglich. Das Landgericht ist dieser Argumentation gefolgt und hatte der Zahlungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlan­des­gericht diese Entscheidung abgeändert und der Klägerin lediglich das Nutzungsentgelt für eine Stunde (115,77 €) zugesprochen.

Dem Anschlussnehmer steht nach Auffassung des Senats in Höhe des eine Stunde überschrei­tenden Verbin­dungs­preises ein Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch die Netzbetreiberin zu, mit dem er gegen die Entgelt­for­derung aufrechnen könne.

Die Netzbetreiberin müsse Kosten für Kunden aus der Nutzung von 0190-Diensten dadurch vermeiden, dass die Verbindungen nach einer Stunde unterbrochen werden. Damit bejaht der Senat eine (vertragliche) Nebenpflicht des Netzbetreibers, wie sie ab 15.08.2003 durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauches von 0190er-/0900er- Mehrwert­diens­te­nummern für die Diensteanbieter in § 43 b Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz gesetzlich geregelt worden ist.

Der Klägerin sei im Zusammenhang mit 0190-Diensten bekannt gewesen, dass durch technische Defekte am Endgerät oder versehentliche Fehlbedienungen Telefon­ver­bin­dungen aufrecht erhalten werden können, ohne dass der Kunde dies bemerkt. Da der Kunde generell nicht damit rechne, dass nach Auflegen des Hörers die Verbindung gleichwohl fortbestehen könne, entspreche es dem Verbrau­cher­schutz, dass der das Telefonnetz unterhaltende Vertragspartner Schutz­vor­keh­rungen ergreife. Die Annahme einer solchen neben­ver­trag­lichen Schutzpflicht bestehe unabhängig davon, ob ein Bedie­nungs­fehler oder ein technischer Defekt für die unbeabsichtigte Aufrecht­er­haltung der Verbindung ursächlich gewesen sei. Das Abschalten der Verbindung sei dem Telefon­dienst­be­treiber technisch möglich und zumutbar. Dass der Klägerin eine solche Unterbrechung gegenüber Fremdanbietern nicht möglich sei, habe sie nicht schlüssig belegt. Eine solche Unterbrechung widerspreche nicht den Vertrags­pflichten des Netzbetreibers gegenüber Telefon­dien­st­an­bietern.

Der Beklagte konnte dem Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen die Klageforderung aufrechnen, obwohl die von der Klägerin in ihren Geschäfts­be­din­gungen festgelegte Frist von 8 Wochen zur Erhebung von Einwenden gegen die Telefonrechnung verstrichen war. Denn diese Frist gilt nach Auffassung des Senates nicht für zum Schadensersatz führende Verletzungen von vertraglichen Nebenpflichten des Telefon­netz­be­treibers.

Vorinstanz: Landgericht Gießen, Az. 5 O 134/02

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 01.07.2004

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