03.12.2024
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Dokument-Nr. 30321

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss17.05.2021

Frist für den Abstand zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil gilt nicht für Schieds­ver­fahrenKein Verstoß gegen verfahrens­rechtlichen ordre public

Weder die Entscheidung über die Kostenquote und die Höhe der zu erstattenden Kosten noch im Raum stehende Erinne­rungs­lücken bei Ablauf von ca. einem Jahr zwischen mündlicher Verhandlung und Schiedsspruch stehen der Vollstreckbar­erklärung eines Schiedsspruchs entgegen. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröf­fent­lichter Entscheidung zahlreiche Verfahrensrügen einer Antragstellerin, die vom Schiedsgericht zur Zahlung von über drei Mio. € verurteilt worden war, zurückgewiesen.

Die Parteien wollten gemeinsam ein Joint-Venture-Unternehmen im Bereich der Schrau­ben­her­stellung für die Windkraf­t­in­dustrie gründen. Die Antragstellerin verpflichtete sich u.a. im Juni 2015 zur Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 1,5 Mio. €, welches sie dem Unternehmen vollständig als Darlehen zur Verfügung stellen sollte. Tatsächlich leitete sie es nur in Höhe von knapp 86.000,00 € weiter. Das Unternehmen stellte noch im August 2015 Insolvenzantrag. Zwischen den Parteien besteht eine Schieds­ver­ein­barung.

Verurteilung zur Zahlung von knapp drei Millionen Euro

Die Antragsgegnerin machte vor dem Schiedsgericht Schaden­s­er­satz­ansprüche gegen die Antragstellerin u.a. wegen der unterbliebenen Darle­hens­aus­kehrung geltend. Das Schiedsgericht verurteilte die Antragstellerin zur Zahlung von knapp 3 Mio. € und zur Tragung der Kosten des Schieds­ver­fahrens. Die eigenen Kosten des Schiedsgerichts wurden mit rund 270.000,00 € beziffert. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung dieses Schiedsspruchs; die Antragsgegnerin seine Vollstreck­ba­r­e­r­klärung.

Schiedsgericht durfte Angaben zu eigenen Kosten machen

Das OLG hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und den Aufhe­bungs­antrag zurückgewiesen. Die Rügen der Antragstellerin seien unbegründet. Ohne Erfolg berufe sich die Antragstellerin darauf, dass das Schiedsgericht in unzulässiger Weise über seine eigenen Kosten entschieden habe und damit in eigener Sache tätig geworden sei. Zwar sei der Grundsatz, dass niemand in eigener Sache richten dürfe, „unverzichtbarer Bestandteil jeder rechts­s­taat­lichen Gerichtsbarkeit und damit auch im Schieds­ver­fahren“. „Richterliche Tätigkeit untersteht dem Gebot der Distanz und Neutralität“, betont das OLG weiter. Dennoch dürfe das Schiedsgericht Angaben zu einer Kostenquote und zur Höhe der zu erstattenden Kosten machen. Grenze sei allein die nicht erlaubte Titulierung des eigenen Vergü­tungs­an­spruchs. An diesen Rahmen habe sich das Schiedsgericht hier gehalten.

Kein Verstoß gegen verfah­rens­recht­lichen ordre public

Das Schiedsgericht habe auch nicht gegen den verfah­rens­recht­lichen ordre public verstoßen, soweit erst ca. ein Jahr nach der mündlichen Verhandlung der Schiedsspruch erlassen wurde. Die im Zivilprozess anwendbare Dreiwochenfrist gelte bereits nicht im Schiedsverfahren. Ein unterstellt verspäteter Erlass eines Schiedsspruchs treffe zudem typischerweise beide Parteien. Selbst wenn festgestellt würde, dass der Schiedsspruch durch mangelndes Erinne­rungs­vermögen an die mündliche Verhandlung beeinflusst wurde, bleibe in derartigen Fällen stets offen, ob dies nicht auch der Fall gewesen wäre, wenn der Schiedsspruch innerhalb einer gerade noch als angemessen anzusehenden Frist erlassen worden wäre. Folglich liege kein Aufhebungsgrund vor.

Zweifel an der Unpar­tei­lichkeit des Vorsitzenden unbegründet

Soweit die Antragstellerin Zweifel an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts hege, da dieser mit nicht näher benannten Rechtsanwälten der Antragsgegnerin gemeinsam an fachlichen Seminaren teilgenommen habe, überzeuge auch dies nicht. Zweifel an der Unpar­tei­lichkeit oder Unabhängigkeit setzten Umstände voraus, die Ausdruck einer intensiven Verbundenheit seien. Dies sei bei einem Kontakt in einer neutralen Rolle im Rahmen eines Fachseminars nicht der Fall.

Entscheidung noch nicht rechtskräftig

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; gegen sie kann die Rechts­be­schwerde beim BGH eingelegt werden.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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