14.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 4117

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil27.10.2006

Fehler bei Rechtsschutz: Gewerkschaft haftet wie ein AnwaltRechtliches und wirtschaft­liches Interesse des Mandanten ist ausschlaggebend für die Rechts­ver­folgung

Gewerkschaften, die Mitgliedern Rechtsschutz bieten, müssen bei einer mangelhaften Beratung wie ein Anwalt haften. Das hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main entschieden.

Im Fall hatte eine Gewerkschaft einen Arbeitnehmer erfolgreich in einem Kündi­gungs­schutz­prozess vertreten, der sich über mehrere Jahre hingezogen hatte. Als der Arbeitnehmer nach dem Prozess den ausstehenden Lohn vom Arbeitgeber verlangte, verwies dieser ihn darauf, dass die Zahlungs­ansprüche aus den Jahren 2000 und 2001 mittlerweile verjährt seien. Diese Ansprüche verlangte er nun von der Gewerkschaft.

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main verurteilte die Gewerkschaft zur Zahlung von über 69.000,- EUR aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der positiven Vertrags­ver­letzung. Es führte aus, dass die Gewerkschaft ihre vertraglichen Beratungs­pflichten verletzt habe, indem sie es unterlassen habe, den Arbeitnehmer auf die notwendige klageweise Verfolgung seiner Zahlungs­ansprüche hinzuweisen, um die drohende Verjährung abzuwenden.

Die Gewerkschaft sei mit der Übernahme des Mandats - wie ein Rechtsanwalt - verpflichtet, die Interessen des Auftraggebers im Rahmen des Mandats nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen. Sie habe ihr Verhalten so einzurichten, dass Schädigungen ihres Auftraggebers, mochte deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermieden würden.

Daraus würden sich die konkreten Pflichten ergeben, dass das Mandat nicht förmlich im Sinnes des konkreten Auftrages (hier: Kündi­gungs­schutzklage) sondern vielmehr im Sinne des rechtlichen und wirtschaft­lichen Interesses des Mandanten zu verstehen sei. Dieses rechtliche und wirtschaftliche Interesse, die Zielrichtung des Mandats "auszuloten" sei Teil der beratenden und aufklärenden Aufgaben des Anwalts wie der im Rechts­schutz­bereich tätigen Gewerkschaft.

Für einen fachkundigen Berater habe es auf der Hand gelegen, dass es dem Arbeitnehmer nicht nur um die ausdrücklich beauftragte Kündi­gungs­schutzklage ging, sondern vielmehr um den Fortbestand der Ansprüche auf Auszahlung des laufenden Gehalts, denn ganz offensichtlich sei der primäre Zweck jeglicher Berufstätigkeit, Einkommen aus der Berufstätigkeit zu erzielen.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

1. Mit der Übernahme des Auftrages zur Gewährung gewerk­schaft­lichen Rechtsschutzes ist die Gewerkschaft - nicht anders als ein in gleichartigem Mandat tätiger Rechtsanwalt - verpflichtet, die Interessen des Auftraggebers im Rahmen dieses Auftrages umfassend wahrzunehmen.

2. Der Begriff des Mandates ist nicht förmlich im Sinne des konkreten Klageauftrages zu verstehen, vielmehr im Sinne des rechtlichen und wirtschaft­lichen Interesses, das der Auftraggeber mit der Erteilung des Mandates erkennbar verfolgt.

3. Richtet sich der Rechts­schutz­auftrag auf die Erhebung der Kündi­gungs­schutzklage, dann ist die Gewerkschaft - wie der in entsprechendem Mandat tätige Anwalt - verpflichtet, das Mitglied auf die Notwendigkeit einer Sicherung fortbestehender Ansprüche auf Zahlung des laufenden Gehaltes gegen drohende Verjährung hinzuweisen.

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