21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 26624

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Urteil18.10.2018Oberlandesgericht Frankfurt am Main22 U 97/16
Vorinstanz:
  • Landgericht Darmstadt, Urteil08.03.2016, 13 O 129/15
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil18.10.2018

Taggenaue Schmerzens­geld­berechnung und aktuellere Ermittlung des Haushalts­führungs­schadens bei UnfällenBeim Haushalts­führungs­schaden sind modernere Zuschnitte der Haushalte und gesetzlicher Mindestlohn zu berücksichtigen

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main berechnete als erstes deutsches Oberlan­des­gericht Schmerzensgeld anhand einer neuen, taggenauen Methode und berücksichtigt beim Haushalts­führungs­schaden den moderneren Zuschnitt der Haushalte und den gesetzlichen Mindestlohn.

Der beklagte Pkw-Fahrer des zugrunde liegenden Verfahrens kollidierte mit dem klagenden Motorradfahrer, als er kurz vor einer Kreuzung wenden wollte. Der Kläger wurde erheblich verletzt und erlitt u.a. einen komplizierten Speichenbruch, eine HWS-Distorsion, eine Bauch­wand­prellung und dauerhafte Sensi­bi­li­täts­s­tö­rungen der Hand. Er war über vier Monate krank­ge­schrieben und in der Haushalts­führung eingeschränkt. Die Haftpflicht­ver­si­cherung des Pkw-Fahrers hat den Schaden am Motorrad sowie ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro gezahlt.

LG bejaht Schmerzensgeld und Erstat­tungs­an­spruch für Haushalts­füh­rungs­schaden

Der Kläger nahm den Beklagten unter anderem auf Zahlung weiteren Schmer­zens­geldes und Ausgleich des erlittenen Haushalts­füh­rungs­schadens in Anspruch. Nach Auffassung des Landgerichts Darmstadt musste der Beklagte vollständig für die Unfallfolgen einstehen. Dabei hielt das Gericht ein Schmerzensgeld von 10.500 Euro für angemessen und sprach auch den geforderten Haushaltsführungsschaden zu. Mit der Berufung begehrte der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Auch OLG bejaht Schaden­s­er­satz­an­spruch

Damit hatte er hinsichtlich der Positionen Schmerzensgeld und Haushalts­füh­rungs­schaden auch vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Das Oberlan­des­gericht nahm vielmehr erstmals unter den Obergerichten auf neuerer Methodik beruhende Berechnungen vor und verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes in Höhe von 11.000 Euro sowie eines Haushalts­füh­rungs­schadens von 1.500 Euro.

OLG hält taggenaue Berechnung für angemessen

Das Oberlan­des­gericht betonte, dass das Schmerzensgeld dem Ausgleich nicht vermö­gens­recht­licher Schäden diene. Bei der Bemessung des zu schätzenden Betrages stehe der konkrete Einzelfall im Mittelpunkt. Tabellenmäßig erfasste Schmer­zens­gel­dent­schei­dungen anderer Gerichte seien dabei weder Maßstab noch Begrenzung. Angemessener sei eine Methode, die die taggenaue Berechnung unter Berück­sich­tigung der im Zeitablauf unter­schied­lichen Behand­lungsarten (Krankenhaus, Reha) und Schadensfolgen ermögliche. Diese neue Berech­nungsweise könne durch die größere Bedeutung des Zeitmoments auf Dauer dazu führen, dass bei langfristigen Beein­träch­ti­gungen deutlich höhere Schmer­zens­gelder ausgeworfen würden, während bei geringen Beein­träch­ti­gungen die Schmer­zens­gelder deutlich vermindert werden könnten, jeweils im Vergleich zu den heute ausgeurteilten Schmer­zens­geld­be­trägen, prognostiziert das Oberlan­des­gericht.

Persönliches Einkommen des Geschädigten nicht entscheidend

Die neue Berech­nungsweise basiere auf einem prozentual ausgedrückten Tagessatz des vom statistischen Bundesamt ermittelten jährlichen durch­schnitt­lichen Brutto­na­ti­o­nal­ein­kommens je Einwohner, welcher mit einem weiteren prozentual ermittelten Faktor für den Grad der Schädi­gungs­folgen multipliziert werde. Auf das persönliche Einkommen des Geschädigten komme es in diesem Zusammenhang nicht an, da Schmerz von allen Menschen gleich empfunden werde. Ähnliche Berech­nungs­weisen seien in anderen europäischen Ländern zur Verein­heit­lichung von Schmer­zens­geld­be­rech­nungen lange anerkannt.

Haushalts­füh­rungs­schäden nicht zufrie­den­stellend über bisherige Tabellen ermittelbar

Der so genannte Haushalts­füh­rungs­schaden könne ebenfalls nicht zufrie­den­stellend über die bisher zur Verfügung stehenden Tabellen ermittelt werden. Er diene dem Ausgleich von Einbußen für die Eigen- und ggf. Fremdversorgung anderer Haushalts­mit­glieder. Die üblichen Tabellen beruhten auf traditionell begründeten Unter­schei­dungen hinsichtlich des Zuschnitts der jeweiligen Haushalts­führung. In modernen Haushalten fänden weitaus mehr Maschinen Einsatz als früher, es werde insgesamt weniger Wert auf klassische Vorbereitung oder auch klassische Darbietung des Essens gelegt, stellte das Oberlan­des­gericht fest. Die neuen Tabellen, die auf aktuellen Erhebungen und Auswertungen des statistischen Bundesamts beruhen, differenzierten zwar auch hinsichtlich des Haushalts­zu­schnitts, berück­sich­tigten dafür aber allein die praktikable Unterscheidung in Form des verfügbaren Nettoeinkommens. Auf dieser Basis könne eher ein durch­schnitt­licher wöchentlicher Stundenaufwand für die Haushalts­führung ermittelt werden.

Stundensatz für Haushalts­a­r­beiten kann gegebenenfalls angepasst werden

Dieser Stundenaufwand sei mit einem Stundensatz für einfache Haushalts­a­r­beiten zu multiplizieren. Orientierung biete dabei zunächst der gesetzliche Mindestlohn. In besonders gehobenen Haushalten könne dieser Betrag angemessen - wie hier - auf zehn Euro pro Stunde erhöht werden.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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