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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss12.05.2015
Erbvertrag zugunsten einer Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes unwirksamLeiter und Mitarbeiter von Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung dürfen sich neben vereinbarter Vergütung kein Geld oder geldwerte Leistungen zusichern lassen
Das Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen untersagt es der Leitung und den Mitarbeitern einer Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung, sich von Betreuungs- und Pflegebedürftigen neben der vereinbarten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Pflegeleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Ein Erbvertrag, der die Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes zur Alleinerbin macht, ist daher unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die ledige und kinderlose Erblasserin wurde seit Jahren bis zu ihrem Tod von dem ambulanten Pflegedienst der Geschäftsführerin betreut. Die Geschäftsführerin selbst hatte die Erblasserin anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt, diese ab dann regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen und zweimal in der Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Knapp ein Jahr vor ihrem Tod schloss die Erblasserin mit der Geschäftsführerin einen notariellen Erbvertrag, mit dem diese als ihre alleinige Erbin eingesetzt wurde.
Geschäftsführerin des Pflegedienstes beantrag Erbschein
Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Geschäftsführerin auf der Grundlage des Erbvertrages einen Erbschein, der ihr vom Nachlassgericht erteilt wurde. Der Wert des Nachlasses betrug rund 100.000 Euro.
Nachlassgericht zieht Erbschein als unrichtig wieder ein
Nachdem das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde ein Bußgeldverfahren gegen die Geschäftsführerin wegen Verstoßes gegen das Verbot in § 7 Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) eingeleitet hatte, zog das Nachlassgericht den Erbschein als unrichtig wieder ein. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Geschäftsführerin, die das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nunmehr nach Vernehmung mehrerer Zeugen zurückwies.
Gesetzliche Regelung soll Ausnutzen einer Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen verhindern
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Oberlandesgericht aus, dass die Geschäftsführerin nicht Alleinerbin geworden sei, da der Erbvertrag wegen Verstoßes gegen § 7 HGBP unwirksam sei. Die Vorschrift untersage es der Leitung und den Mitarbeitern einer Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung, sich von Betreuungs- und Pflegebedürftigen neben der vereinbarten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Pflegeleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Anders als die Vorgängernorm (§ 14 Heimgesetz) erstrecke sich § 7 HGPB nunmehr ausdrücklich auch auf ambulante Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen und deren Leitung. Die Regelung solle verhindern, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt werde und diene auch dazu, ihre Testierfreiheit zu sichern. Bei einer Erbeinsetzung - wie hier - liege ein Verstoß allerdings nur dann vor, wenn die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus dem Pflegevertrag erfolge.
Eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung im vorliegenden Fall nicht erkennbar
Hierfür bestehe eine gesetzliche Vermutung, die nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden könne. Diesen Beweis habe die Geschäftsführerin jedoch nicht erbringen können. Zwar sei nach der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zwischen ihr und der Erblasserin eine freundschaftliche und eine über eine Geschäftsbeziehung hinausgehende Bindung vorgelegen habe. Es könne aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass kein Zusammenhang zwischen dem Erbvertrag und den Pflegeleistungen bestanden habe. Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung sei nicht erkennbar und dürfte in der vorliegenden Konstellation praktisch auch nicht möglich sein. Gerade in Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen blieben, müsse das Verbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit eingreifen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.06.2015
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online
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