14.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 11214

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Urteil16.02.2011Oberlandesgericht Frankfurt am Main19 U 180/10
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil25.06.2010, 2/27 O 177/08
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil16.02.2011

OLG Frankfurt: Bank hat Auskunfts­pflicht hinsichtlich "vergessenem" Sparbuch aus den 1950er JahrenSparbuch­for­derung und Auskunfts­an­spruch auch nach langer Zeit nicht verjährt

Eine Bank ist dazu verpflichtet, auch Auskunft über das Guthaben auf einem bereits im Jahr 1959 eingerichteten "vergessenen" Sparbuch zu erteilen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, der in Rechtsnachfolge seines verstorbenen Vaters erst 2007 in den Besitz des Sparbuches gekommen ist, hatte von der beklagten Bank zunächst Auskunft über das vorhandene Guthaben verlangt sowie - nach Erteilung der Auskunft - Auszahlung des Guthabens nebst zwischen­zeitlich angefallener Zinsen. Das Sparbuch, auf dem seit rund 50 Jahren keine Bewegung mehr stattgefunden hat, wies damals ein Guthaben von rund 106.000,- DM aus.

Bank zweifelt die Echtheit des Sparbuches

Die beklagte Bank bestreitet die Echtheit des Sparbuches, die Echtheit der darin enthaltenen Unterschriften der Bankmitarbeiter sowie deren Zeich­nungs­be­rech­tigung, da sich in ihren Aufzeichnungen und Archiven keine Anhaltspunkte dafür fänden, dass die im Sparbuch ausgewiesene Forderung jemals bestanden habe.

Sachver­stän­di­gen­gut­achten bestätigt Echtheit des Sparbuches

Das zunächst mit der Sache befasste Landgericht Frankfurt am Main gab dem Auskunfts­ver­langen des Klägers statt. Zuvor hatte es ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten über die Echtheit des Sparbuches eingeholt. Die Berufung der Bank gegen das Urteil wies das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main zurück. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Echtheit des Sparbuches nach den Feststellungen des Sachver­ständigen nicht mehr in Zweifel gezogen werden könne.

Sparbuch kommt Funktion einer Beweisurkunde zu

Der Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass das Sparbuch keine Anhaltspunkte für eine Reproduktion aufweise und die verwendete Tinte und Kugel­schrei­berpaste bereits 1955 auf dem Markt gewesen sei. Dem Sparbuch komme danach die Funktion einer Beweisurkunde zu. An die Erschütterung des Beweiswertes eines Sparbuches seien besonders hohe Anforderungen zu stellen, die nur im Ausnahmefall vorlägen. So könnten insbesondere die Höhe des Sparguthabens und die Dauer der Umsatzlosigkeit den Beweiswert nicht erschüttern. Soweit die Bank bestreite, dass die in dem Sparbuch neben dem Guthabenbetrag beigefügten Namens­un­ter­schriften echte Unterschriften von zeich­nungs­be­rech­tigten Mitarbeitern seien, könne sie damit nicht durchdringen. Da dem Kläger in der Rolle des Sparers insoweit die betreffenden Umstände naturgemäß nicht bekannt sein könnten, liege es im Verant­wor­tungs­bereich der Bank, für den Nachweis oder das Bestreiten der Echtheit von Unterschriften in einem Sparbuch geeignete Geschäfts­un­terlagen aufzubewahren und vorzulegen, selbst nach Ablauf der handels­recht­lichen Aufbe­wah­rungs­fristen. Andernfalls könne eine Bank durch einfaches Bestreiten der Echtheit der Unterschriften im Sparbuch den Beweiswert des Sparbuches faktisch aufheben, was nicht hinnehmbar sei.

Unkenntnis der Bank hinsichtlich des Sparbuches ändert nichts an Auskunfts­an­spruch

Weder die Sparbuch­for­derung selbst noch der Auskunftsanspruch seien im Übrigen verjährt. Der Umstand, dass die Bank keine Kenntnis mehr von dem Sparbuch gehabt habe, ändere hieran nichts.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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