Dokument-Nr. 30327
Permalink https://urteile.news/
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss11.05.2021
Aussage „riesigen Shitstorm geerntet“ stellt überprüfbare Tatsachenbehauptung darOLG Frankfurt am Main zur Definition eines "Shitstorms" im Netz
Bei dem Begriff „Shitstorm“ handelt es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Nur wenige negative Stellungnahmen reichen nicht aus, um sie als „riesigen Shitstorm“ zusammenzufassen. Da es lediglich zu wenigen kritischen Einzelstimmen gekommen war, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) einem Presseorgan die Äußerung, dass die Antragstellerin einen „riesigen Shitstorm geerntet“ habe, untersagt.
Die Antragstellerin ist Sängerin und Gründungsmitglied einer Band. Die Antragsgegnerin ist verantwortlich für die Inhalte einer Presseinternetseite. Sie berichtete in einem Artikel über einen ehemaligen Bandkollegen der Antragstellerin, der „in seiner Erinnerungskiste“ gekramt und Videos der Antragstellerin gefunden hatte. Diese hatte er auch auf seinem Instagram-Account thematisiert. Die Antragstellerin hatten den Post mit den Worten: „Kennst du die Choreo noch ganz? Krieg die nicht mehr zusammen!!! Mann mann mann, Demenz“ kommentiert. In dem Artikel der Antragsgegnerin heißt es u.a. dazu: „Auch seine ehemalige Bandkollegin ... kommentiert, spricht von Demenz und erntet einen riesigen Shitstorm“. Die Antragstellerin wendet sich u.a. gegen diese Äußerung.
Wenige kritische Kommentare sind kein "Shitstorm"
Das Landgericht hat den auf Unterlassung gerichteten Eilantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. In der Äußerung, dass die Antragstellerin einen riesigen Shitstorm geerntet habe, liege eine unwahre Tatsachenbehauptung. Bei dem Begriff „Shitstorm“ handele es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Wenige negative Stellungnahmen reichten nicht aus, um sie als „riesigen Shitstorm“ zusammenzufassen. Hier habe sich zwar ein User kritisch geäußert; zudem gebe es einen kritischen Bericht auf einem anderweitigen Portal nebst Kommentar. Darin erschöpften sich indes die negativen Reaktionen, abgesehen von einem weinenden und zwei erstaunten Smileys, deren Konnotation allerdings nicht zweifelsfrei zugeordnet werden könne. Auch wenn die Äußerung der Antragstellerin unüberlegt gewesen sei, lasse sich die geschilderte Reaktion im Netz, die sich auf wenige Stimmen erstrecke, nicht als „Shitstorm“ oder gar „riesigen Shitstorm“ bezeichnen. Darunter verstehe der Leser eine Reaktion ganz anderen Ausmaßes.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.06.2021
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss30327
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.